Nachruf auf
P. Thaddäus Derflinger,
Benediktiner von Kremsmünster.

verfasst wohl von P. Bonifaz Schwarzenbrunner

eingerückt in das Bürgerblatt der Linzer Zeitung unter der Rubrik: Nekrolog von österreichischen Gelehrten


Kremsmünster. Am 18. April abends nach 6 ½ Uhr wurde der hiesigen öffentlichen Studienanstalt ihr ehrwürdiger Nestor und Vorsteher unserer Sternwarte, ihr unermüdeter Astronom und Direktor, P. Thaddäus Derflinger, nach einem sehr kurzen Krankenlager, durch den Tod entrissen. Tief betrauert das Stift den Verlust dieses Mannes. Zu Müllwang bei Gmunden sah er am 19. Dezember 1748 zum ersten Mal das Tageslicht, legte auf dem hierortigen Gymnasium und Lycaeum seine Studien zurück, trat hierauf in unser Stift ein, und stand am 28. October 1773 zuerst als Priester am Altare. Im November des Jahres 1776 wurde ihm die Professur der Grammatical-Classen übertragen, welche er bis zum Jahre 1783, während welcher Zeit er zugleich Subregens der damals hier bestandenen adeligen Ritterakademie war, bekleidete. Aber seine besondere Vorliebe zu den mathematischen Wissenschaften, gepaart mit glücklichen Talenten, berief ihn nunmehr zu einem höheren Wirkungskreise. Er war es, welchen unser unvergeßlicher Astronom P. Placidus Fixlmillner, der gelehrten Welt durch seinen Meridianus Speculae astron. Cremifan., das Decennium astronomicum, und die Acta astron. Cremifanensia bekannt, zu seinem astronomischen Mitarbeiter auswählte, und welchem er nach dessen Tode am 27. August 1791, als Direktor der Sternwarte und Astronom nachfolgte. Von seiner Thätigkeit und seinen Verdiensten zeugen die seit jener Zeit während 33 Jahren in den Berliner und Wiener Ephemeriden erschienenen, und von ihm gemachten astronomischen Beobachtungen; so wie auch sein astronomischer Briefwechsel mit den berühmten Astronomen Bode, Triesenecker, Bürg, Littrow, David, Schumacher, u. v. a. Gleichzeitig nahmen noch andere Ämter und Würden seine Thätigkeit in Anspruch. So bestieg er im Schuljahr 1795 die Lehrkanzel der Mathematik am hiesigen Lycaeum, und behielt sie bis zum Jahr 1802, wo ihm die Würde eines Decans der höheren Schulen übertragen wurde; er leitete ferners den Bau des im Jahr 1804 im hiesigen Stifte neuerrichteten k. k. Convictes, und wurde sodann zum Rector desselben, so wie auch zum Prodirector der lateinischen Schule ernannt. Nicht minder zierte ihn die Allerhöchste Gnade mit ehrenvollen Auszeichnungen, indem er von Sr. Majestät, unserm allergnädigsten Kaiser, im J. 1808 die mittlere goldene Verdienstmedaille mit dem Bande erhielt, welche im J. 1820 am 12. Februar mit der großen Medaille und Kette vermehrt wurde. Endlich erlebte der verdienstvolle Greis am 28. October 1823 noch die Freude, sein Jubelpriestertum feiern zu können. – [Nun wandelt er verklärt in den höhern Regionen, um auch dort die Allmacht und Unendlichkeit des Schöpfers anzustaunen, welche er schon von diesem Erdenrunde aus, in der hehren Betrachtung der im allgem. Weltenraume ausgestreuten Millionen Sonnen und Planeten anzubeten, so oft die erhabenste Gelegenheit gehabt hatte.]

SCHWARZENBRUNNER, P. Bonifaz 1824:

SCHWARZENBRUNNER, P. Bonifaz o. J.: Astronomischer Briefwechsel der Kremsm. Sternwarte, geführt von P. Bonifaz Schwarzenbrunner Ites Heft, enthält Briefe vom J. 1791 bis August 1826, Manuskript im Archiv der Sternwarte

Letzte Änderung: 2021-09-16