aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
August 2002
Die wichtigste Fundgrube für die Geschichte der ersten hundert Jahre der Sternwarte Kremsmünster ist P. Sigmund Fellöckers umfassendes Werk. Fellöcker wird am Titelblatt des Werkes als "Capitular des Stiftes, vordem Adjunkt der Sternwarte, gegenwärtig Professor der Physik, Mathematik und Mineralogie am k. k. Gymnasium von Kremsmünster" ausgewiesen. Er dachte ursprünglich die Arbeit in einem oder ein paar wenigen Programmheften des Gymnasiums publizieren zu können. Es wurden 6 Beiträge - veröffentlicht in den Jahren 1864 bis 1869 - daraus. Im Jahr 1869 erschien das gesamte Werk mit 322 Seiten dann gedruckt bei Feichtinger's Erben in Linz im Selbstverlag des Stiftes.
In der Wiener Allgemeinen Literatur-Zeitung vom 9. Nov. 1868 findet sich zum dritten Teil folgende Besprechung:
Wir sind in der glücklichen Lage abermal einen Theil der vortrefflichen Fellöcker'schen Geschichte der Stift
Kremsmünsterer Sternwarte zur Anzeige bringen zu können. Derselbe, mit dem Kremsmünsterer Jahresbericht für 1868
veröffentlicht, bildet S. 185-246 eine besondere Schrift, und schließt sich den beiden in Nr. 48 der Allgemeinen
Literatur-Zeitung von 1867 besprochenen Theilen genau an, indem er die bereits dort begonnene wirklich glanzvolle
Wirksamkeit des Astronomen P. Bonifaz Schwarzenbrunner
(geb. 1790 23. Jänner + 1830) fortsetzt. Diese neue Lieferung
bespricht seine vielfachen mathematischen Studien und Arbeiten, seine physikalischen Studien und Leistungen, dann
in ausführlicher sehr interessant gehaltener Weise seinen Versuch einer Vereinfachung der Musikzeichen mit einer
kurzen Geschichte der Musik. Diesen Abschnitt arbeitete Herr Professor P. Hermann Patzalt,
Kremsmünsterer Stiftcapitular,
in vorzüglicher Weise (von S. 195-226) aus. Einen weiteren Abschnitt bildet Schwarzenbrunner's ungemeine astronomische
Thätigkeit, welche sich theilend in die Correspondenz mit Bode in Berlin,
Schuhmacher in Altona, David in Prag,
Littrow in Wien, Baron von Kutschera ebenda, Fraunhofer u. a., in Verbesserung alter, und Erwerbung neuer
astronomischer Instrumente, in astronomische, meteorologische und magnetische Beobachtungen, mit tiefer Verehrung
gegen einen Mann erfüllt welchen alle Schierigkeiten nicht ermüden konnten, bis endlich derselbe unter der Last
der Mühen und Sorgen plötzlich brach. Es macht einen wehmütig rührenden Eindruck,
wie sich der wackere Mann abmühte
und absorte für unentbehrliche Instrumente, welche das schwer belastete Stift nicht schaffen konnte, es ist
rührend, den Jubel wahrzunehmen, mit dem ihn das kaiserliche
Geschenk Franz I., welches in einem Theodolit und
einem Meridiankreise bestand, erfüllt hatte, aber auch eben so schmerzlich, wie die Sorge wegen eines
bestellten Aequitoriale, dessen Preis ihm unerschwinglich schien, den trefflichen Mann zu Boden drückte.
Man staunt wirklich, schaut man auf die Opferwilligkeit, welche in solchen Klosterbewohnern lebte, welche sich
wirklich alle Entbehrungen auflegten, nur um für das Allgemeine, nur um für den Flor der Wissenschaft zu
wirken. Nur mit Vergnügen kann man der Fortsetzung der ausgezeichneten Arbeit, welche auch überdies durch die
mitgetheilten Briefauszüge einen besonderen Reiz gewinnt, - entgegen sehen. Die Ausstattung, geziert durch eine
Tafel astronomischer Instrumente, ist vorzüglich.
Dr. A. R.
Als auch der letzte Teil veröffentlicht war, erschien in der Allgemeinen Literatur-Zeitung am 27. Dezember 1869 nochmals eine
ausführliche Besprechung:
Endlich ist das vortreffliche Werk, dessen allmähliches Erscheinen die Allg. Literatur-Zeit. zu wiederholten Malen vgl. z. B.
Nr. 45, S. 358, Jahrg. 1868 besprochen und als eine ungemein wichtige Erscheinung hervorgehoben, mit dem im Jahre 1869
erschienenen letzten Abschnitt von S. 247-322 zum Abschluße gediehen. Derselbe ist vorzugsweise dem vierten Astronomen (1830 bis
1847) P. Marian Koller (geb. 1792 am 31. Okt. zu Feistritz,
eingetreten in Kremsmünster am 5. Okt. 1816) gewidmet, einem
Manne, der als Gelehrter wie als Geschäftsmann (er
starb als Ministerialrath im k. k. Ministerium für Kultus und
Unterricht am 19. September 1866 in Wien) wirklich Ausgezeichnetes
leistete und auf den man mit Recht das Horazische "Micat
inter omnes" anwenden kann. So sehr man nun den Tod des
ausgezeichneten Mannes bedauern muß, so trat derselbe doch zur
rechten Zeit ein, weil außerdem nach dem Plane des Werkes seine
Leistungen nur kurz hätten berührt werden können, indessen sie
jetzt in ebenbürtigem Guße neben den Leistungen der früheren
Astronomen stehen. Das "Non omnis moriar" ist durch diese
schöne Biographie schon an Koller in Erfüllung gegangen. Kollers
Jugend und vorbereitende Thätigkeit, seine Wirksamkeit am Lyceum
und der Sternwarte zu Kremsmünster, seine amtliche Thätigkeit
in Wien, seine fortgesetzte wissenschaftliche Thätigkeit daselbst
(er befand sich dort seit 1847) bilden schöne Lichtblicke in
das Stillleben des eben so bescheidenen als verdienten Gelehrten,
dessen Werth man gerade aus dieser Biographie so recht im vollen
Zusammenhange erkennt. Koller hinterließ an 70 Manuskripte
über Mathematik, Physik, Astronomie, Erdmagnetismus und
Meteorologie. Der Verfasser verbreitet sich dann weiter über das
was unter Koller von 1826-1839 für das physikalische Kabinet
geschah. Einen Glanzpunkt bildet auch hier wieder die wissenschaftliche
Korrespondenz dieses Astronomen mit Prof. Stampfer - den beiden
Littrow, Schuhmacher, Encke, Feldt, Bury, Kettinger,
Böhm, Stark, Mayer, Hallaschka, Lamont, Kreil, Gauß, Weber,
Suanberg u. a. wozu noch die Reiseberichte an den dermaligen
Hochw. Herrn Prälaten Augustin kommen, welche selbst in den
Auszügen ungemeines Interesse gewähren. Mit Spannung liest man
die unter V auseinandergesetzte astronomische Thätigkeit Kollers,
der die nothwendigen Apparate fort und fort verbesserte,
aber auch nicht weniger auf neue Instrumente bedacht war. Sein
größtes Verdienst fällt jedoch nicht mehr in seine Vorstandsperiode
auf der Sternwarte, sondern in seinem Antheile an dem Zustandekommen
eines großen parallaktisch montirten Refraktors für selbe,
der auch im Oktober 1857 vom Direktor (dem jetzigen Herrn
Prälaten) aufgestellt wurde. "Der Tag der vollendeten Aufstellung
war ein Freudentag für unser ganzes Haus, für die Sternwarte
der Anfang einer neuen Epoche!" Das Instrument mit
Einrechnung der Aufstellung kostete 5376 fl. Kollers Mitarbeiter an der
Sternwarte waren P. Wolfgang Danner (geb. 1729 + 1854),
der jetzige Prälat und Direktor der Sternwarte Herr P. Augustin
Reslhuber (geb. 5. Juli 1808, Prälat seit 1860), und der
Verfasser dieser Geschichte Herr P. Sigmund Fellöcker (geb.
19. Februar 1816) beide letztere erprobte Schriftsteller, Fellöcker
auch im seelsorglich-katechetischen Kreise.
Das physikalische Kabinet stand von 1840-1858 unter
P. Gregor Haslberger (geb. 1807 + 2. Januar 1859) der als
erprobter Physiker mit dem besten Erfolge demselben vorstand und
auf dessen zeitgemäße Vermehrung bedacht war. Die Geschichte des
Mineralienkabinets unter P. Basilius Schönberger (geb. 1807 + 1850),
der zoologischen Sammlung unter Koller und Reslhuber,
der botanischen Sammlung und des chemischen Laboratoriums
unter P. Gotthard Hofstädter (geb. 1826 + 1864) findet
ihre geeignete Besprechung. Mit einer kurzen Erwähnung der
Verdienste der Äbte Joseph Altwirth und Thomas Mitterndorfer
um die Sternwarte und ihre Sammlungen schließt die verdienstvolle
und dem jetzigen hochw. Herrn Abt Augustin gewidmete
Arbeit, welcher der Herr Verfasser ein kurzes Vorwort (wir
möchten es das Schlußwort nennen)vom 19. Juli 1869 voraus
schickte, in welchem er sagt: "Die nächste Bestimmung zu einem
Programm-Aufsatze dürfte den nicht streng wissenschaftlichen,
sondern populären Inhalt und Ton des Buches rechtfertigen". Allein
wir wüßten nicht, wie das Buch besser hätte geschrieben werden können.
Das ist ja das Eigenthümliche dieses Buches, daß es jeder
Gebildete mit Vergnügen und Belehrung lesen wird. Es ist das
Buch - wir wiederholen es -, ein schönes Denkmal für das
Stift, sowohl nach Inhalt als Form. Wer solche wissenschaftliche
Leistungen wahrnimmt, wie sie Kremsmünster bietet, und dennoch
nach Aufhebung solcher Stiftungen rufen kann, der manifestiert,
daß er entweder ein dummer oder ein schlechter Mensch ist.
Dr. A. R.
Da nun im Laufe der Zeit die alten Exemplare rar geworden sind, die Arbeit aber immer noch von großer Bedeutung ist, haben wir einen fototechnischen Nachdruck im Eigenverlag der Sternwarte Kremsmünster veranlasst.
FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Die Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei
Kremsmünster, Linz
RULAND, A. 1868: Geschichte der Sternwarte der Benedictiner-Abtei Kremsmünster, Besprechung in: Wiener Allgemeine
Literatur-Zeitung vom 9. Nov. 1868, Jahrgang XV, Nr. 45, Wien.
RULAND, A. 1869: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Besprechung in: Wiener Allgemeine
Literatur-Zeitung vom 27. Dez. 1869, Jahrgang XVI, Nr. 52, Wien.