Katalog der Münzsammlung von P. Laurenz Doberschitz
In der Anfangszeit der Sternwarte stand, wie bereits mehrfach berichtet, die Idee von einem Universalmuseum im Vordergrund. So ist es nicht
verwunderlich, dass auch die Münzsammlung des Klosters hier aufbewahrt und ausgestellt war. P. Laurenz
Doberschitz gibt in seiner Specula Cremifanensis
eine recht ausführliche Beschreibung ihrer Unterbringung. Er schreibt auch davon, einen eigenen Katalog dieser Münzsammlung angefertigt zu haben.
Dieser Katalog ist uns in der Handschrift CCn 1363 in der Stiftsbibliothek erhalten. Auf 295 Blättern werden die Münzen der Sammlung nach ihrer Herkunft
chronologisch angeführt. Wenn auch die Münzsammlung heute nicht mehr in der Sternwarte
untergebracht ist, so soll aus historischen Gründen dieser Katalog hier vorgestellt werden. Es handelt sich dabei doch um ein recht interessantes
Buch, in dem die Münzen nicht nur beschrieben, sondern durch Abdrucke plastisch dokumentiert sind.
Die Beschreibung der Sammlung in Doberschitzens Specula sei hier wiedergegeben:
MONETARIA
§1.
So verliebt einer mag in die Münzen seyn: und so grosse Begierd er haben mag, aus diesen Uberbleibseln des Alterthums die alten
Geschichten erforschen zu können: so wird er doch nicht gleich blündlings um die Laden tappen um desto bälder mit Beschauung der
Münzen seinen Vorwitz zu ersättigen, ohne daß er nicht wird ehe ein wenig stille stehen, und zuvor das Cabinet, oder jenen Kasten
betrachten, der diese Alterthümer in sich verschlossen hält, und wegen seiner Kunst und Kostbarkeit würdig ist, so zu reden, von
Fuß auf beschrieben zu werden.
§2.
Die Höhe dieses Kastens mäßet 7 Schueche, die Breite 4 Schueche, 9 Zolle, die Tiefe 1 Schuech, 10 Zolle. Uberhaupt ist zu merken,
daß alles, was an diesen Kasten schwarz ist, lauter Ebenholz, was blau, keine andere Materie als Lasurstein, (Lapis Lazuli),
was weiß, Silber, und was gelb, vergoldtes Kupfer sey.
§3.
Das schwarze Postament des Kastens ist eine Stuffe, so auf 6 Kugeln ruhet; diese Stuffe ist schon mit Lasurstein, und anderen Zierraten
fleckenweise eingeleget.
§4.
Auf der Stuffe stehen acht von Holz geschnitzte und vergoldte Gratien, welche artig mit den Armen, und anderen silbernen Laubwerken
untereinander geschlungen das Cabinet auf ihren Köpfen tragen.
§5.
Dieses Cabinet ist eine oblonge Figur sehr künstlich von Ebenholz gearbeitet, und an vielen Orten mit Lasurstein eingeleget, und mit
vergoldten kupfernen Zierraten reichlich garniret, an den Enden aber mit spitzigen silbernen Köpfen stat der Nägel
beschlagen.
§6.
An diesem Kasten sind acht gestreifte Leisten, ( ) [Platz zwischen den Klammern freigelassen] die zwo ersteren derselben wägt eine wie
die andere ein Pfund und 9, die andere sechs aber ein Pfund und 7 Loth.
§7.
Auf den äusseren Wänden der Thüren sind 3 sehr schöne Miniaturbilder, und 5 künstlich gegossene Silberstücke gleich als bas reliefs zu
sehen, nämlich zwey oben, zwey unten, und eines eben unten in der Mitte.
§8.
Die drey mit feinem Glase überzogenen Miniaturgemälde sind 3 mythologische Stücke; In dem ersten werden die 4 Jahreszeiten vorgebildet
als nämlich
Iphigenia, wie sie von ihrem Vater Agamemnon als ein unschuldiges Opfer geschlachtet wird. Es hat das Aussehen, schreibt der berühmte
Oxenstirn, als wenn die Poeten diese Historie oder Fabel von der Geschichte des Jephte abgeschildert hätten. Fünfter Theil, f. 47.
[späterer Zusatz]
§9.
In der Mitte ist Apollo mit den 9 Musen. Dabey ist der Pegasus, und der Tempel der Musen ist schön in der Ferne entworfen.
§10
.
In dem dritten ist Neptunus auf einer grossen Meermuschel zu Wasser fahrend mit zwey Wasserpferden gebildet. Dieses letzte ist aus allen
dreyen das Beste. Die an dem Meer liegende grosse Stadt ist in ihrer Architectur so unvergleichlich, und das Ufer mit zahlreichen Personen
so lebendig, und dabey subtil entworfen, daß alle Kenner daran ein vollkommenes Vergnügen finden.
§11.
Von den 5 Silberstücken stellen 4 biblische Historien vor. Das letztere aber ist mythologisch. Die Historien, so aus der Bibel entworfen,
sind die zwo oberen aus dem alten, und die zwo untere aus dem neuen Testament.
§12.
Auf dem ersten wird vorgestellet, wie Gott mit Adam und Eua redet im Paradeis Gen. 3. Die Historie auf der zweyten Platte gegenüber ist aus
dem 4. Buch der Könige am 4 genommen, Elias nämlich, der den Elisäus verläßt und in einem feurigen mit gleichfalls feurigen Pferden bespannten
Wagen in Sturm hinauf gen Himmel fahret.
§13.
Die Geschichten der zwo unteren Tafeln sind: Auf der ersteren aus dem Euangelio Matth. 14, wie Christus dem Petro auf dem Meer die Hand reichet,
da er bey Erblickung seines Meisters aus dem Schiffe sprange, und ihm auf dem Wasser gleich als auf drockenem Lande entgegen gehet. Die andere
gegenüber ist aus den Apostelgeschichten am 28 C. wie Paulus in der Innsel Melita vor einer Menge Barbaren eine Nater in das Feuer schlankert,
so ihm an die Hande gesprungen.
§14.
Man hat zu bemerken, daß durch diese 4 Vorstellungen die 4 Elemente angedeutet werden, nämlich in dem Paradeis die Erde, in dem durch Sturm
entführten Elias der Luft, in dem auf dem Meer gehenden Petro das Wasser, und in der Geschichte Pauli das Feuer.
§15.
Daß dieses der Gedanken des Künstlers gewesen seye, erhellet aus dem fünften Silberstücke, so von gleicher Arbeit in der Mitte zu sehen; denn
dieses accordiret mit den 4 ersteren, indeme sie eben die 4 Elementen in sich allein darstellet, so wie es die 4 oberen Stücke ein jedes ein
Element ins besondere entworfen. Die Vorstellung ist mythologisch, nämlich eine Crone, die über zween Lorberreiser ungemein viele Strallen
ausschüttet. Rechtens von oben bläst Aeolus, unter ihn auf Erden sitzet Vulcanus, gegenüber sitzet Neptunus, und ihm an der Seite steht
Cybele, der erste nun bedeutet den Luft, der zweyte das Feuer, der dritte das Wasser und der vierte die Erde.
§16.
In einer geraden Linie ober diesen letzten schönen Silberstück kömmt noch ein anderes kleines Miniaturbild in einer vergoldten runden
Rame, und silbernen Palmenzweigen eingefangen, auch mit einem Frauenglase überzogen, und von zween in den Lüften schwebenden Engeln gehalten.
In diesem Gemählde sind die Bildnißen des Kaisers Leopoldi und seiner Gemahlinn Claudia unvergleichlich geschildert.
§17.
Zu oberst endlich an dem äussersten Rande dieses Kastens ist ein grosser vergoldter Schild, in dessen Mitte hanget zwischen zween zimlich
grossen silbernen Engeln der kaiserliche Adler von Silber, und ober diesen schwebet eine grosse vergoldte Crone. An den Seiten dieses äussersten
Randes stehen mehrere vergoldte Maykrüge mit silbernen Blumenbüschen, und zwo kleine schön geschmölzte Wappen. Die zur rechten ist
es weyland verstorbenen Abbtens Erenberti Schrevogl, als unter dessen Regierung dieser Kasten nach Cremsmünster gekommen ist. Zur Linken ist
die Wappen des gewesten Eigenthümers, diese stellet in einem blauen Feld einen Falk mit verbundenen Augen vor. Darauf ist eine Innschrift mit
lateinischen Buchstaben auf zween Absätzen zu lesen: Auf den ersten stehet geschrieben: Reichard Fauconet in Wien, auf dem zweyten: Dieses
Cabinet komet von burgerlichen Fändrich des ausseren Raths-Hauses 1mo Junii Anno 1697, als in welchem Jahre diese kostbare Verlassenschaft
vor 30.000 f, welche einem unserigen Geistlichen Gabriel Fauconet mit Namen von Wien gebürtig, durch Erbrecht anheim gefallen, von dem
Closter ist angenommen worden.
§18.
Soviel von der äusserlichen Beschaffenheit dieses Kastens. Nun wollen ihr ihn von innen beschauen, allein man siehet keine
Schlüssellucke, noch sonst die mündeste Spure einer Thüre. Wer also nicht das Geheimniß weis, der bemühet sich vergebens hinein zukommen.
Man drehe demnach bey dem ersten Bild auf der Höhe den gespitzten silbernen Knopf § 5. ein wenig auf die Seite, so zeiget sich der Weg zum
Öefnen. Bey der gemachten Eröfnung zeigen sich an den beyden innerlichen Wänden der Thüren zwo schöne grosse Spiegeltafeln. Stat den vorhero
darein gesteckten Schubladen aber, die eben reich in ihrem Uberzug von Ebenholz, und dahero in einer eigenen Lade aufbehalten sind, ziehet
man itzt gleich als kostbare Scenen verschiedener Münzen heraus, von welchen eben eine kleine Sammlung angestellet, und in beträchtlicher
Anzahle zu Stand gebracht wurde, sowohl daraus die Geschichte zu lernen, als (besonders durch die Älteren) die Eitelkeit der Reiche
aufzuzeigen, nach deren Untergang mehr nichts zu finden ist, als solche kleine Münzstücke, die man kaum mehr noch antreffen und erkennen
kann.
Abdruck einer Münze mit dem Abbild von Papst Benedikt XIV.
Ausgabejahr: 1740, Originaldurchmesser: 39 mm
Foto des münzseitigen Abdrucks, gespiegelt.
Foto: P. Amand Kraml
Papst Benedikt XIV.
Ausschnitt aus dem Ölgemälde von Giuseppe Maria Crespi 1740
Vatikanische Museen Inv. Nr. 40458
Foto: P. Amand Kraml
§19.
Die Beschreibung aber dieser Münzen ist von mir nicht mehr deutsch, sondern in lateinischer Sprache
verfaßet und somit der erste Theil
dieses Werkes deutsch beschloßen, und der zweyte lateinisch angefangen [CCn 1363]. Die Ursach
deßen ist, weil sich die termini monetarii
nicht so in Deutschen geben lassen, wie den fast alle Authores, so de Numis, oder re monetaria geschrieben,
nur in lateinischer Sprache
ihre Werke der Nachwelt hinterlassen. Ubrigens ist es keineswegs an deme, sich mit dieser Münznsammlung,
die nichts weniger denn
vollständig, und vollkommen ist, viel groß zu machen, sondern nur, wie ich es mir gleich bey dem
Eingange zum Ziel gesetzet, alles was in
Münzen vorhanden, den übrigen Sachen zu enregistriren.
Eine schöne Münznsammlung sahe ich zu St. Blasien im Schwarzwald unter der Aufsicht des ietzt
regierenden Fürsten Martini Gerbert; eine noch
vollständigere aber und zwar meistens in Gold in dem Closter St. Lambrecht in Steyermarkt, die
ausser Florenz, und Wienn nicht bald eine wird
ihres gleichen haben. M. S. Gentili in Rom hat mir auch eine schöne Collecte von Gold und Silber
in mehreren Laden gezeiget.
Doberschitz könnte selbst die hier dargestellte Münze 1765 aus Rom
mitgebracht haben. Es ist die letzte
päpstliche Münze, die in diesem Buch katalogisiert ist.
Vom weiteren Schicksal dieser Münzsammlung erfahren wir von P. Bonifaz
Schwarzenbrunner, dass sie von
Abt Erenbert Meyer (Abt: 1771-1800) in die Abtei gebracht wurde:
Uiberdieß wurde unter Abt Erenbert der schöne Kasten, welcher die von P. Laurenz im 2ten Bande
beschriebenene kleine Münz-Sammlung enthielt, aus dem 2ten Stockwerk, oder auch dem Bibliotheks-Zimmer des
Astronoms, wo er bis dahin aufgestellt gewesen war, in die Abtei hineingebracht u. mit neuen Münzen vermehrt.
Und weiter unten:
Die kleine Münzsammlung mit dem dazugehörigen schönen Kasten, dessen Höhe 7 Schuh Breite
4 ¾ Schuh, u. Tiefe 1’ 10“ betrug, scheint im J. 1777 in einem Zimmer der Winter-Abtei
aufgestellt worden zu sein. Abt Erenbert Mayer suchte diese Sammlung mit neuen Stücken, u. insbesondere
mit einer Thaler-Sammlung zu verwahren, wozu ihm vorzüglich der kenntnißreiche Bibliothekar Berthold
Höger Hilfe leistete. Beim ersten feindl. Einfalle der Franzosen den 21. Dec. 1800 wurde zwar die
Münzsammlung selbst gerettet; aber der schöne Kasten, weil sich der Schlüssel dazu nicht
vorfand, von den Franzosen zerschlagen u. seiner vielen silbernen Zierathen beraubt. Er war dem Stifte
am 1. Juni 1697 durch Erbschaft von einem hiesigen Stiftsgeistlichen, P. Gabriel Fauconet, der aus Wien
gebürtig war, anheimgefallen.
Quellen und Literatur:
DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von P. Amand Kraml als Heft Nr. 40 der
Berichte des Anselm Desing Vereins, Kremsmünster Februar 1999)
P. L. D. P. C. [P. Laurenz Doberschitz, Professus Cremifanensis] o. J.: Beschreibung der in dem Mathemanischen Thurne
zu Cremsmünster befindlichen Münzen und Jettonen, MS CCn 1363