Objektivlinse von Daniel de Piere, Optiker in Augsburg
Glas, Durchmesser: 49 mm, Dicke: 3mm, konvex, Kanten grob geschliffen.
Brennweite etwa 145 cm
Inv. Nr.: 14021510, ein kleines Stück ist am Rand ausgebrochen.
Foto: P. Amand Kraml
Linse von Daniel de Piere, Optiker in Augsburg
Gravur auf der Linse Daniel de Piere opticus Augustanus
Foto: P. Amand Kraml
Gravur auf der Linse
♄ von ♀ ...
Saturn von Venus ...
Foto: P. Amand Kraml
Spricht man von Instrumentenbauern in Augsburg, denkt man bei uns in Kremsmünster in erster Linie - natürlich durch die
Freundschaft mit P. Eugen Dobler - an Georg Friedrich Brander. Seit dem Besuch von
Frau Inge Keil, ist uns aber durchaus bewusst, dass in Augsburg mit Johann Wiesel (1583-1662), Daniel Depiere (+1682) und
Cosmus Conrad Cuno (1652-1745) schon lange vor Brander eine Tradition bedeutender Instrumentenbauer und Optiker bestanden hatte.
Durch die neuen Katalogisierungsarbeiten an der physikalischen Sammlung trat nun ein Objekt in den Blickpunkt,
das wohl wegen seines reliktären Charakters etwas in Vergessenheit geraten war.
Dabei handelt es sich aber durchaus um eine Art Reliquie der Wissenschaftsgeschichte. Auch wenn im religiösen Bereich
mit Reliquien viel Schindluder getrieben wurde und leider zum Teil noch getrieben wird, so sollte man meinen, dass
zumindest im Bereich der Geschichte der Naturwissenschaften unser Objekt des Monats richtigerweise mit diesem Begriff
bezeichnet werden darf und auch als solch eine Reliquie verstanden werden kann.
Nichts mehr ist uns von jenem Quadranten erhalten, den Abt Erenbert
Schrevogl laut Rechnung (Kammerei-Rechnungen 2031. Bl. N. 616) 1676 vom Linzer Johann Georg Custermann,
Kleiner Vhrmacher um 200 fl. erstanden hat, außer einer Linse mit der
Gavur "Daniel de Piere opticus Augustanus", die vielleicht unter anderen Umständen ebenfalls
nicht mehr erhalten wäre. Wir haben sie gut verpackt in einem Stück alten Papier in einer Lade mit mehreren alten und seit
langer Zeit schon nicht mehr brauchbarer Linsen im Depot der physikalischen Sammlungen gefunden. Herr Zeislers akribischer
Arbeit bei der Katalogisierung ist es zu verdanken, dass er nicht über die randliche Gravur auf der Linse hinweggesehen hat.
Schnell konnte festgestellt werden, dass wir hier ein ganz besondere Reliquie in Arbeit hatten.
P. Sigmund Fellöcker erwähnt zwar in seiner Geschichte der Sternwarte einen
zweischuhigen Quadranten, unklar ist aber worauf er sich mit seinem Zitat bei
P. Aegid Everard von Raitenau bezieht,
denn an der angegeben Stelle findet sich über diesen Quadranten keine Angaben.
Er schreibt in der Fußnote zu dem im Text angeführten zweischuhigen Quadranten von 1676:
An diesem Quadranten war ausser dem Wappen und Namen des Abtes und der Jahreszahl auch die
Beschreibung desselben angebracht: Quadrans hic primum per lineas rectas a centro ductas sectus
est in gradus aequales 90. Singuli gradus bisecti sunt in 2 1/2 partes, per lineas transversas
quae non sunt lineae rectae, sed arcus circulorum per centrum quadrantis incedentium exhibentes
singuli 30 minuta prima, ut proinde observatori nulla opus sit correctione prout in forma
tychonica utente lineis rectis transversis.
(Confer P. Aegidii Eberhard Fig. tom. I. fol. 77.) (FELLÖCKER, 8)
Der zweischuhige Quadrant selbst ist wahrscheinlich zu Fellöckers Zeit nicht mehr vorhanden. Er hätte ihn sicherlich
in seinem Verzeichnis der physikalischen Sammlungen angeführt. Dass die Rechnung von 1676
mit der Linse in Verbindung gebracht wurden,
ist wohl auf P. Franz Schwab zurückzuführen.
Es liegt der Linse nämlich ein Zettel von P. Franzens Hand bei,
der den Hinweis enthält: "im 17. Jahrh. siehe Augsb. Kunstgesch. also zum Augsb.
Quadranten Abt E. Schrevogel"
KEIL, Inge 2000: Augustanus Opticus: Johann Wiesel (1583-1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg,
Colloquia Augustana, Bd. 12,
Berlin
KEIL, Inge & Gier, Helmut 2009: Himmelsbeobachtung mit dem Fernrohr in der Frühen Neuzeit.
Eine Ausstellung aus den Schätzen
Staats- und Stadtbibliothek Augsburg zu Internationalen Jahr der Astronomie, Augsburg
KEIL, Inge 2003: Von Ocularien, Perspicillen und Mikroskopen, von Hungersnöten und Friedensfreuden, Optikern,
Kaufleuten und Fürsten. Materialien zur Geschichte der optischen Werkstatt von Johann Wiesel (1583-1662) und seiner
Nachfolger in Augsburg, Documenta Augustana, Bd. 13, Augsburg
NEUMÜLLER, P. Willibrord (Hrsg.), Archivalische Vorarbeiten zur Österreichischen Kunsttopographie, 2 Bde, Wien 1961
SCHWAB, P. Franz 1906ff.: P. Eugenius Dobler O.S.B. aus Irrsee, 1713-1796, MS im Archiv der
Sternwarte (Großteils veröffentlicht: P. Eugenius Dobler OSB und Kremsmünster von
P. Ansgar Rabenalt, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige,
St. Ottilien (93) 1982, 959-1009
STEFFEN, Paul von 1779: Kunst- Gewerb- und Handwerks-Geschichte der Reichs-Stadt Augsburg, Bd. 1, Augsburg