aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Juni 2017
Unter den vielen Berichten über den Besuch der Sternwarte von Kremsmünster ist eine von hervorstechender Bedeutung. Alois Martin DAVID (1757-1836) besuchte im Zuge seiner geografischen Ortsbestimmungen 1793 unsere Institution. Da David nicht touristische sondern astronomische Interessen nach Kremsmünster führten und er hier auch Messungen für seine geografischen Arbeiten durchführte, kann er gerade die astronomischen Geräte und Arbeiten unserer Sternwarte gut beurteilen.
Sein Bericht darüber fällt wie folgt aus:
Den 3ten Oktober [1793] endlich gieng die Reise nach Kremsmünster, einem der
ältesten Benediktinerstifter in österreichischen Staaten, wohin eigentlich
meine Hauptabsicht gerichtet war, um die dasige berühmte Sternwarte,
und das eben so wichtige als merkwürdige Stift selbst zu sehen, das
sich nebst der Seelsorge, noch durch die Erziehung der Jugend in
kleinen und höhern Schulen um den Staat verdient macht, vorhin auch
eine Akademie für Adeliche unterhielt, wo mancher brauchbare und
jetzt in Ansehen stehender adeliche Staatsbeamte seine Erziehung
und Bildung meistens umsonst erhalten. Wir wurden von dem Hrn.
Prälaten Erenbert, dem Fixlmillner sein Decennium
Astronomicum widmete,
einem ehrwürdigen alten Greise auch bei seinem kränklichen Zustande,
und von den würdigen Stiftsgliedern mit vieler Güte und Achtung aufgenommen.
Der gegenwärtige Astronom und Nachfolger, des um die Astronomie verdienten
Fixlmillner Thaddäus Derfflinger aber war gerade um diese Zeit zu seiner
Erhohlung abwesend; allein auf mein Ersuchen von S. Florian aus hatte er
die besondere Gefälligkeit den 3ten Oktober mittags mit uns zu Kremsmünster
einzutreffen, um uns gleich nachmittags auf die Sternwarte zu führen,
welche vom Stiftsgebäude ganz abgesöndert in dem anstossenden Garten liegt;
wo ich das schöne, große und zweckmässige Gebäude, den freyen Horizont,
die verschiedenen guten Instrumente, die für einen Astronom auserlesene
Bibliothek, und bequeme Wohnung mit inniger Freude und wahrem Vergnügen
in Augenschein nahm; aber auch zugleich erwog: was für Mühe, Sorge und
Arbeit die ganze Einrichtung dem sel. Fixlmillner mag gekostet haben,
der dafür den Dank der Nachwelt, vorzüglich aber seines Stiftes, dessen
Ruhm und Bedeutenheit deßwegen erhöhet wird, mit Recht verdient, und
zugleich seinen Namen dadurch verewigt hat. Die astronomischen Instrumente
wurden unter Fixlmillners Anleitung fast alle von einem für das Observatorium
eigens unterhaltenen Künstler Johann, dessen er im
berlinischen Jahrbuche 1779 S. 56 gedenkt, verfertiget; und sind bereits
in öffentlichen teutschen, lateinischen und französischen Schriften
bekannt gemacht worden, nur daß
ihrer noch mehr vorhanden, als in selben angegeben wurden, die nicht
weniger brauchbar sind.
Den 4ten Oktober beobachtete ich auf der Sternwarte mit meinem Sextanten
korrespondirende Sonnenhöhen, maaß wiederholt den Sonnendurchmesser zur
Prüfung des Kollimazionsfehlers, um den dortigen Astronom mit der
Behandlungsart und den Vortheilen diese kleinen Instruments bekannt zu
machen. Früher wurden diese Sonnenhöhen mit einem dreyschuhigen Quadranten
beobachtet, um den wahren Mittag aus beyden unter einander und mit der
Mittagslinie zu vergleichen. Obwohl ich nachmittags nur eine einzige
korrespondirende Sonnenhöhe erhielt; so fand ich nach angebrachter Verbesserung
doch den nämlichen Mittag, welchen man aus den Höhen mit dem Quadranten
geschlossen. Der wahre Mittag nach der pariser Pendeluhr wurde mit dem
Sextanten : 11 U. 50' 26",6
Quadranten : 11 U. 50. 26,7
die Mittagslinie aber gab : 11 U. 50. 25.
Hieraus folgt die Verbesserung der Mittagslinie +1",6; aus einer großen Menge
von Beobachtungen aber wurde diese vorhin gefundden +1", 5. Versichert von
dem Gange der Uhr berechnete ich aus den bessern Sonnenhöhen mittelst des
Stundenwinkels im sphärischen Dreyecke die Polhöhe aus der Absicht, um den
Grad der Genauigkeit zu beurtheilen, den ich bey diesen Sonnenhöhen mit dem
Sextanten würde erreicht haben. Aus dreyen derselben, welche am besten
überinstimmen, erhalte ich im Mittel Breite für diese Sternwarte 48° 3' 40";
welche von der mit einem 9schuhigen Zenithsektor und andern großen
Instrumenten auf 48° 3' 29" bestimmten nur um 11 Sekunden verschieden ist.
Obwohl dieser kleine Unterschied für einen 7zölligen Sextanten von keinem
großen Belange ist; so muß ich doch gestehen, daß ich ihn aus mehreren
Ursachen wenigstens um die Hälfte größer schätze, als der bey gut beobachteten
Mittagshöhen obwalten kann, besonders wenn von letztern mehrere beobachtet,
und hernach aus allen ein Mittel genommen worden. Von anderthalb Tag unsers
Aufenthalts brachte ich die meiste Zeit auf dem Observatorium mit meinen
Beobachtungen und der Betrachtung der vielen Instrumente zu, und hätte nichts
sehnlicher gewünscht, als meinen Aufenthalt so verlängern zu können, um mit
diesen auch Beobachtungen anzustellen.
In den untern Stockwerken des Observatoriums befinden sich, zum Unterrichte der Schüler aus der Mathematik und Physik, geometrische, optische, mechanische Maschinen, aerostatische, elektrische und magnetische Apparate; eine Sammlung von Bildern, Naturalien und Mineralien, von welchen letztern der Herr Prälat noch eine andere Abtheilung mit seltenen Stücken in seinen Zimmern aufbewahrt, die er uns selbst, obwohl er wegen seinem kranken Fuße kaum stehen konnte, zu zeigen die besondere Güte hatte. In den übrigen nur wenigen Stunden sah ich das schöne, dauerhafte und weitschichtige Stiftsgebäude, die vielen andern Merkwürdigkeiten, besuchte die ansehnliche Bibliothek, welche eine zahlreiche Sammlung und großen Büchervorrath, auch viele alte Manuskripte enthält, worunter eines über tausend Jahr, und folglich eben so alt, wo nicht älter seyn soll, als das Stift selbst, welches bereits über 1000 Jahre stehet. Die vielen merkwürdigen Gegenstände, die rühmlichen Anstalten zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse, und solider Wissenschaften, die gütige Sorgfalt uns mit allen diesen bekannt zu machen, würden uns schon allein das Andenken von diesem Stifte ungemein schätzbar gemacht haben; allein bey unserer Abreise verehrte mir der dortige Astronom noch sämmtliche Werke seines berühmten Vorfahrers Fixlmillner, die mir sehr willkommen waren, und ein schätzbares Denkmal meines dortigen Aufenthalts bleiben werden. (David, 29-33)
DAVID, Alois 1794: Geographische Breite des Stiftes Hohenfurt aus der Absicht bestimmt, um die Breite der Gränzen Böhmens
mit Oberösterreich festzusetzen, Prag
DAVID 1798: Aus einem Schreiben des Canonicus David, Adjuncten an der k. Prager Sternwarte, in: Allgemeine Geographische
Ephemeriden. Verfasset von einer Gesellschaft Gelehrten und herausgegeben von F. von Zach, II. Bd., Weimar, 265-267
FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz.