Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Juni 2017



Unterschrift von Aloysius David
Unterschrift von P. Aloysius David, Adjunct der Sternwarte in Prag
Detail aus dem Brief von David an P. Thaddäus Derflinger vom Jänner 1794,
Archiv der Sternwarte, David 002


Bericht von Alois David über seinen Besuch in Kremsmünster 1793


Unter den vielen Berichten über den Besuch der Sternwarte von Kremsmünster ist eine von hervorstechender Bedeutung. Alois Martin DAVID (1757-1836) besuchte im Zuge seiner geografischen Ortsbestimmungen 1793 unsere Institution. Da David nicht touristische sondern astronomische Interessen nach Kremsmünster führten und er hier auch Messungen für seine geografischen Arbeiten durchführte, kann er gerade die astronomischen Geräte und Arbeiten unserer Sternwarte gut beurteilen.

Sein Bericht darüber fällt wie folgt aus:
Den 3ten Oktober [1793] endlich gieng die Reise nach Kremsmünster, einem der ältesten Benediktinerstifter in österreichischen Staaten, wohin eigentlich meine Hauptabsicht gerichtet war, um die dasige berühmte Sternwarte, und das eben so wichtige als merkwürdige Stift selbst zu sehen, das sich nebst der Seelsorge, noch durch die Erziehung der Jugend in kleinen und höhern Schulen um den Staat verdient macht, vorhin auch eine Akademie für Adeliche unterhielt, wo mancher brauchbare und jetzt in Ansehen stehender adeliche Staatsbeamte seine Erziehung und Bildung meistens umsonst erhalten. Wir wurden von dem Hrn. Prälaten Erenbert, dem Fixlmillner sein Decennium Astronomicum widmete, einem ehrwürdigen alten Greise auch bei seinem kränklichen Zustande, und von den würdigen Stiftsgliedern mit vieler Güte und Achtung aufgenommen. Der gegenwärtige Astronom und Nachfolger, des um die Astronomie verdienten Fixlmillner Thaddäus Derfflinger aber war gerade um diese Zeit zu seiner Erhohlung abwesend; allein auf mein Ersuchen von S. Florian aus hatte er die besondere Gefälligkeit den 3ten Oktober mittags mit uns zu Kremsmünster einzutreffen, um uns gleich nachmittags auf die Sternwarte zu führen, welche vom Stiftsgebäude ganz abgesöndert in dem anstossenden Garten liegt; wo ich das schöne, große und zweckmässige Gebäude, den freyen Horizont, die verschiedenen guten Instrumente, die für einen Astronom auserlesene Bibliothek, und bequeme Wohnung mit inniger Freude und wahrem Vergnügen in Augenschein nahm; aber auch zugleich erwog: was für Mühe, Sorge und Arbeit die ganze Einrichtung dem sel. Fixlmillner mag gekostet haben, der dafür den Dank der Nachwelt, vorzüglich aber seines Stiftes, dessen Ruhm und Bedeutenheit deßwegen erhöhet wird, mit Recht verdient, und zugleich seinen Namen dadurch verewigt hat. Die astronomischen Instrumente wurden unter Fixlmillners Anleitung fast alle von einem für das Observatorium eigens unterhaltenen Künstler Johann, dessen er im berlinischen Jahrbuche 1779 S. 56 gedenkt, verfertiget; und sind bereits in öffentlichen teutschen, lateinischen und französischen Schriften bekannt gemacht worden, nur daß ihrer noch mehr vorhanden, als in selben angegeben wurden, die nicht weniger brauchbar sind. Den 4ten Oktober beobachtete ich auf der Sternwarte mit meinem Sextanten korrespondirende Sonnenhöhen, maaß wiederholt den Sonnendurchmesser zur Prüfung des Kollimazionsfehlers, um den dortigen Astronom mit der Behandlungsart und den Vortheilen diese kleinen Instruments bekannt zu machen. Früher wurden diese Sonnenhöhen mit einem dreyschuhigen Quadranten beobachtet, um den wahren Mittag aus beyden unter einander und mit der Mittagslinie zu vergleichen. Obwohl ich nachmittags nur eine einzige korrespondirende Sonnenhöhe erhielt; so fand ich nach angebrachter Verbesserung doch den nämlichen Mittag, welchen man aus den Höhen mit dem Quadranten geschlossen. Der wahre Mittag nach der pariser Pendeluhr wurde mit dem
Sextanten : 11 U. 50' 26",6
Quadranten : 11 U. 50. 26,7
die Mittagslinie aber gab : 11 U. 50. 25.
Hieraus folgt die Verbesserung der Mittagslinie +1",6; aus einer großen Menge von Beobachtungen aber wurde diese vorhin gefundden +1", 5. Versichert von dem Gange der Uhr berechnete ich aus den bessern Sonnenhöhen mittelst des Stundenwinkels im sphärischen Dreyecke die Polhöhe aus der Absicht, um den Grad der Genauigkeit zu beurtheilen, den ich bey diesen Sonnenhöhen mit dem Sextanten würde erreicht haben. Aus dreyen derselben, welche am besten überinstimmen, erhalte ich im Mittel Breite für diese Sternwarte 48° 3' 40"; welche von der mit einem 9schuhigen Zenithsektor und andern großen Instrumenten auf 48° 3' 29" bestimmten nur um 11 Sekunden verschieden ist. Obwohl dieser kleine Unterschied für einen 7zölligen Sextanten von keinem großen Belange ist; so muß ich doch gestehen, daß ich ihn aus mehreren Ursachen wenigstens um die Hälfte größer schätze, als der bey gut beobachteten Mittagshöhen obwalten kann, besonders wenn von letztern mehrere beobachtet, und hernach aus allen ein Mittel genommen worden. Von anderthalb Tag unsers Aufenthalts brachte ich die meiste Zeit auf dem Observatorium mit meinen Beobachtungen und der Betrachtung der vielen Instrumente zu, und hätte nichts sehnlicher gewünscht, als meinen Aufenthalt so verlängern zu können, um mit diesen auch Beobachtungen anzustellen.

In den untern Stockwerken des Observatoriums befinden sich, zum Unterrichte der Schüler aus der Mathematik und Physik, geometrische, optische, mechanische Maschinen, aerostatische, elektrische und magnetische Apparate; eine Sammlung von Bildern, Naturalien und Mineralien, von welchen letztern der Herr Prälat noch eine andere Abtheilung mit seltenen Stücken in seinen Zimmern aufbewahrt, die er uns selbst, obwohl er wegen seinem kranken Fuße kaum stehen konnte, zu zeigen die besondere Güte hatte. In den übrigen nur wenigen Stunden sah ich das schöne, dauerhafte und weitschichtige Stiftsgebäude, die vielen andern Merkwürdigkeiten, besuchte die ansehnliche Bibliothek, welche eine zahlreiche Sammlung und großen Büchervorrath, auch viele alte Manuskripte enthält, worunter eines über tausend Jahr, und folglich eben so alt, wo nicht älter seyn soll, als das Stift selbst, welches bereits über 1000 Jahre stehet. Die vielen merkwürdigen Gegenstände, die rühmlichen Anstalten zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse, und solider Wissenschaften, die gütige Sorgfalt uns mit allen diesen bekannt zu machen, würden uns schon allein das Andenken von diesem Stifte ungemein schätzbar gemacht haben; allein bey unserer Abreise verehrte mir der dortige Astronom noch sämmtliche Werke seines berühmten Vorfahrers Fixlmillner, die mir sehr willkommen waren, und ein schätzbares Denkmal meines dortigen Aufenthalts bleiben werden. (David, 29-33)


Quellen und Literatur:


DAVID, Alois 1794: Geographische Breite des Stiftes Hohenfurt aus der Absicht bestimmt, um die Breite der Gränzen Böhmens mit Oberösterreich festzusetzen, Prag

DAVID 1798: Aus einem Schreiben des Canonicus David, Adjuncten an der k. Prager Sternwarte, in: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Verfasset von einer Gesellschaft Gelehrten und herausgegeben von F. von Zach, II. Bd., Weimar, 265-267

FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz.



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