aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Juni 2018
Foto: P. Amand Kraml
Im §3, der die Straubschnecken zusammenstellt, führt er unter Nr. 9 eine Schnecke an, die er für besonders
interessant hält:
9. ein besonders Kunststück der Natur von einem kleinen Straubeschnecken, weil seine Würbel
alle mit erhabenen Narben nach der Länge gleich als mit einem Zwirne zusammen gesteppet sind, die
Farbe ist wie Elfenbein, und Jonston hat ihn in seiner historia naturalis Tab. XI aufgezeichnet, und
darunter ist der allgemeine Nam dieser Schnecken turbines zu lesen. (DOBERSCHITZ, 134)
Nun stellt sich natürlich heute die Frage, welche Schnecke er damit gemeint haben könnte.
Für Kustoden alter Sammlungen beginnt nun eine fast kriminologische Aufgabe. Denn solche
Objekte wurden kaum beschriftet und öfters in den Sammlungen vor allem fürs Ausstellen
umgeräumt. Was oft als großartige Neuerung der Präsentation empfunden wird, ist für den
Wissenschaftshistoriker fast immer mit Informationsverlust verbunden.
Ein erster Blick auf JONSTONs Tafel XI und in die Sammlung, lässt vermuten, dass die von Doberschitz
beschriebene Schneckenschale von dem heute so benannten Epitonium clathrus, der Gemeinen
Wendeltreppe stammen könnte.
Nun wissen wir von Simon Lettenmayr jun., der in seinem Tagbuch berichtet, dass im November 1829
40 Stück seltene "Muscheln" angekauft wurden, worunter auch eine echte Wendeltreppe war, für
die allesamt 20 fl. bezahlt wurden. (LETTENMAYR, 21)
Im Schuljahr 1876 erhielt die die Molusken-Sammlung
durch Herrn Karl Eggerth 1 Scalaria pretiosa [= Epitonium scalare] (Ostindien);
1 Sc. communis [= Epitonium clathrus] (Mittelmeer) erhielt. (ANONYMUS, 44)
Wenn nicht Schneckenschalen dieser Gattung verloren gingen, so ist anzunehmen, dass die von Doberschitz beschriebene
Schraubenschnecke aus der ursprünglichen Conchylien-Sammlung Epitonium clathrus ist und die beiden im Bild
gezeigten 1829 und 1876 in die Sammlung kamen.
Interessant ist überdies, dass die Echte Wendeltreppe bei den Muschelliebhabern in Holland, ähnlich wie
manche Tulpenzwiebeln, völlig unrealistische Sammlerpreise erreichen konnten, was ihr auch den Artnamen preciosa
(oder auch pretiosa) einbrachte, der aber heute nur mehr ein Synonym darstellt.
Dass man in diesem ersten Conchylien-Kasten der Sternwarte keine einzige heimische Molluskenschale findet, mag aus
heutiger Sicht erstaunen. Die Sammlungen des 18. Jahrhunderts allerdings zeigten in erster Linie alles was seltsam,
ergötzet die Augen, und um so mehr auch die Gemüther aller Gelehrten. Die Gewächse, so man nicht in eigenen
Ländern, und Gewässern, sondern nur in entfernten Meeren findet ... (DOBERSCHITZ, 131)
ANONYMUS [GUPPENBERGER, P. Lambert] 1876: Die Naturalien-Sammlungen, in: 26. Programm des Kais. Kön. Ober-Gymnasiums der
Benedictiner zu Kremsmünster für das Schuljahr 1876, Linz, 44-49
DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1764: Specula Cremifanensis, MS CCn 1048 (Herausgegeben von P. Amand Kraml
als Heft Nr. 40 der Berichte des Anselm Desing Vereins, Februar 1999)
GESNER, Conrad 1563: Fischbuch. Das ist ein kurtze, doch vollkommne beschreibung aller Fischen
so in dem Meer und süssen wasseren... Zürich
JONSTON, Joannes 1665: Historiae Natrualis. De Exanguibus aquaticis Libri IV. Cum figuris Aeneis, Amstelodami.
KRAML, P. Amand 2019: Die Mollusken-Sammlung der Sternwarte Kremsmünster, in: Mollusca (Weichtiere) Beiträge zur Kulturgeschichte, Forschung und Sammlungen aus Österreich, Erna Aescht (Hrsg.) Denisia 42, Linz, 591-594
LETTENMAYR, Simon jun. 1819..34: Notizenbuch. Sammlungen, Zuwächse von 1819 - 1834, MS, Direktionsarchiv der Sternwarte
SCHEUCHZER, Johann Jacob 1731: Kupfer=Bibel, in welcher die Physica Sacra oder geheiligte
Natur=Wissenschafft derer in der Heil. Schrifft vorkommenden Natürlichen Sachen, 4 Bde. Augspurg und Ulm