aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Oktober 2018
Die Karte umfasst den Theil des Himmels zwischen 6h56m bis 8h4m gerader Aufsteigung und 15° südlicher bis 15° nördlicher Abweichung, eine der sternreichsten Gegenden des Himmels. Es sind darauf 2374 beobachtete Sterne (aus den Königsberger Zonen von Bessel 2037, aus Lalande's „Histoire céleste" 822, aus Piazzi's Catalog 94, aus Bradley's „Fundamenta Astronomiae" 37) und 3228 durch Schätzung eingetragen. (FELLÖCKER 1864, 289 u. 303)
Für die Beobachtung war von der Akademie der Wissenschaften in Berlin ein Kometensucher von Fraunhofer mit einer Öffnung von 34 Linien und 10facher Vergößerung vorgegeben, wie ihn P. Bonifaz Schwarzenbrunner 1825 in München bestellt hatte und den P. Marian Koller 1835 in geeigneter Form montieren ließ. (vgl. ENKE & DOVE, VI)
Eine Beschreibung mit beigegebener Zeichnung des Reißbrettes gibt Carl August von Steinheil in den Astronomischen Nachrichten Nr. 93.
Anlässlich der Übergabe des Blattes an die Akademie der Wissenschaften in Wien hielt P. Marian Koller einen Vortrag, der hier aus den Sitzungsberichten wiedergegeben sei:
Das wirkliche Mitglied Herr Sectionsrath M. Koller hielt nachfolgenden Vortrag:
Ich gebe mir die Ehre, einer hochverehrten Akademie im
Namen des Adjuncten der Sternwarte in Kremsmünster, Sigismund
Fellöcker, die akademische Karte Hora VII. zu überreichen,
und erlaube mir, einige Worte beizufügen.
Die königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin lud die
Astronomen und Freunde der Astronomie i. J. 1825 ein, einen
vollständigen Atlas der Zone der Himmelssphäre von 15° nördl.
bis zu 15° südl. Abweichung zu entwerfen. In die Blätter
dieses Atlasses, wovon jedes eine Stunde in gerader Aufsteigung
umfassen soll, sind nach dem Antrage der Akademie alle
Sterne aufzunehmen, welche mit einem Kometensucher von
Fraunhofer von 34 Linien Oeffnung und 10 maliger Vergrösserung
noch gesehen werden können.
„Bei dieser Ausführlichkeit werden die Karten, wie die
Akademie in ihrer Kundmachung bemerkt, nicht nur eine genaue
Kenntniss des Himmels ermöglichen und viele astronomische
Beobachtungen erleichtern, sondern auch das wahre Mittel darbieten,
die Kenntniss unseres Sonnensystemes durch Entdeckung
neuer Planeten zu erweitern, sie werden diese sogar sicher
herbeiführen können , während ohne specielle Himmelskarten
nur ein günstiger Zufall die Auffindung veranlassen kann."
Ungeachtet erst zwei Drittheile der ganzen Arbeit, nämlich
16 Stunden vollendet sind, so ist bereits diese Erwartung
der königl. Akademie auf eine erfreuliche Weise erfüllt worden.
Der eifrige Durchforscher der Sternenwelt, Hencke in
Driesen, sah am 8. December 1845 an einer ihm wohlbekannten
Stelle des Himmels einen Stern 9'" Grösse , den er bei
früheren Durchforschungen nie dort bemerkte; die akademische
Karte Hora IV, von Professor Knorre, enthielt ihn ebenfalls
nicht, jedoch konnte er mittelst dieser Karte, indem er die
Lage dieses Sternes gegen seinen nächsten in der Karte
verzeichneten verglich, genau angeben und mittelst dieser Angabe
und Knorre's Karte fand Encke in Berlin 6 Tage später
denselben Stern wieder, jedoch in einer anderen Stelle, und so
war der Planet „Astraea" entdeckt. Le Verrier in Paris
forderte im September 1846 durch ein Schreiben Dr. Galle in
Berlin, welches dieser am 23. September erhielt, auf, seinen
durch die Rechnung, die er auf die Abweichung des Planeten
Uranus gründete , geforderten und theoretisch bestimmten
Planeten am Himmel aufzusuchen. Denselben Abend verglich
Galle die vortreffliche akademische Karte, welche Dr. Bremiker
gezeichnet hatte, Hora XXI, mit dem Himmel, und fand
den theoretisch bestimmten Planeten „Neptun" sehr nahe an der
von le Verrier vorausberechneten Stelle.
Am 1. Juli 1847 wurde die Aufmerksamkeit desselben
Beobachters auf ein Sternchen der 9. Grösse geleitet, welche
Dr. Bremiker's akademische Karte, Hora XVII, nicht auswies,
und Hencke vermuthete nicht ohne Grund ein neues Geschwister
der Asteroiden gefunden zu haben. Galle in Berlin bestätigte
am 5. Juli desselben Jahres mit Hilfe dieser Sternkarte
diese Vermuthung und die Entdeckung des Planeten „Hebe"
war hiemit constatirt.
Eben so führte Dr. Wolfer's akademische Karte, Hora
XIX, den Astronomen Hind in London am 13. August 1847
zur Entdeckung der „Iris", und Knorre's schon oben
erwähnte Karte, Hora IV, am 18. October desselben Jahres zur
Entdeckung des Planeten „Flora."
Das Jahr 1847 brachte uns demnach 3 neue Planeten.
Im Jahre 1848 den 25. April entdeckte Graham den Planeten
„Metis". Die näheren Umstände dieser Entdeckung sind zwar
nicht angegeben, jedoch fällt der Stand desselben in die Karte
Hora XIV, und jedenfalls wurde dieser Planet mit der Hilfe der
akademischen Karten wieder aufgefunden und als solcher erkannt.
Auch das letzt verflossene Jahr lieferte uns einen neuen
Planeten. Gasparis in Neapel entdeckte am 12. April, als
er den Himmel mit der akademischen Karte, Hora XII, welche
unser verehrter Herr College Steinheil entworfen, verglich,
den Planeten „Hygea".
So hat denn in Zeit von drei Jahren und weniger (nahe
vier) Monate, der Fleiss der Beobachter des Himmels, verbunden
mit der Beihilfe der akademischen Karten zur Entdeckung
von sieben neuen Planeten unseres Sonnensystems geführt.
Was insbesondere die Karte betrifft, welche ich hiemit zu
überreichen die Ehre habe, so ist sie mit lobenswerthem Fleisse
und Genauigkeit durchgeführt, was um so verdienstlicher ist,
als die günstige Zeit zur Verificirung und Vervollständigung
derselben, durch Vergleichung mit dem Himmel, in die kälteste
Jahreszeit, in die Monate December und Jänner fällt.
BESSEL 1826: Einige Bermerkungen über die Entwerfung der vollständigen Himmelskarten (A. N. Nr. 88), in: Astronomische Nachrichten, Vierter Band, Nr. 93, Altona 437-444
BESSEL, F. W. Vorbericht, in: KÖNIGL. AKADEMIE der Wissenschaften zu Berlin [Hrsg.] 1859: Cataloge zu den 24 Stunden der Akademischen Sternkarten für den Gürtel des Himmels von 15° südlicher bis 15° nördlicher Abweichung bearbeitet von verschiedenen Astronomen, Berlin, III-V
ENKE & DOVE 1959: Vorbericht, in: KÖNIGL. AKADEMIE der Wissenschaften zu Berlin [Hrsg.] 1859: Cataloge zu den 24 Stunden der Akademischen Sternkarten für den Gürtel des Himmels von 15° südlicher bis 15° nördlicher Abweichung bearbeitet von verschiedenen Astronomen, Berlin, V-XIII
FELLÖCKER, Sigmund 1848: Verzeichniss der von Brandley, Piazzi, Lalande und Bessel beobachteten Sterne,
in dem Theile des Himmels zwischen 6h 56' bis 8h 4' gerader Aufsteigung, und 15° südlicher bis 15° nördlicher Abweichung
berechnet und auf 1800 reduziert. Akademische Sternkarten, Zone VII. Uhr. Blatt 8, Berlin
FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Geschichte der Sternwarte der
Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz
KOLLER, Marian 1850: Vortrag über Fellöcker's Sternkarte, in: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften,
Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe, IV. Bd. Wien, 35-37
KÖNIGL. AKADEMIE der Wissenschaften zu Berlin [Hrsg.] 1859: Akademische Sternkarten für den Gürtel des Himmels von 15° südlicher
bis 15° nördlicher Abweichung nach Bessel's Vorschlag entworfen von verschiedenen Astronomen, Berlin
KÖNIGL. AKADEMIE der Wissenschaften zu Berlin [Hrsg.] 1859: Cataloge zu den 24
Stunden der Akademischen Sternkarten für den Gürtel des Himmels von 15°
südlicher bis 15° nördlicher Abweichung bearbeitet von verschiedenen Astronomen, Berlin
STEINHEIL, C. von 1826: Beschreibung eines Apparats, welcher zur Einzeichnung der astronomisch bestimmten Sterne, in die
vollständigen Himmelskarten (A. N. Nr. 88) angewandt worden ist, in: Astronomische Nachrichten, Vierter Band, Nr. 93, Altona 443-446