Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Oktober 2019



Vision des hl. Benedikt
Vision des heiligen Benedikt
Altarbild im Kapellenzimmer
Ölgemälde auf Kupferblech
Maße: Bild ohne Rahmen: 60 x 92 cm, mit Rahmen: 73,5 x 105 cm
Foto: P. Amand Kraml


Altarbild im Kapellenzimmer, Vision des hl. Benedikt


Gleich von Beginn an gab es in der Sternwarte eine kleine Kapelle oder besser gesagt: eine Fensternische mit einem kleinen Altar. In seiner Specula Cremifanensis berichtet P. Laurenz Doberschitz (DOBERSCHITZ, 353):
§4. Was aber das Seltsamste in einem mathematischen Thurne ist, so ist in eben diesem Zimmer auch eine kleine Capelle, und Sacristey mit allen zugehörigen Meß- und Kirchensachen. Das Patrocinium, oder das Altarbild dieser Capelle ist der heilige Vater Benedictus zu seinen Füßen habend Cremsmünster, und mit dem Geiste den Himmel betrachtend, als in welcher Betrachtung ihm die ganze Weltkugel in einem einzigen Sonnenstrahle versammelt vor Augen kame, mit der beygefügten Innschrift: In terris positus, in coelestibus habitavit.

Manchen ist der Bezug zur Biographie des hl. Benedikt verloren gegangen und sie vermuten in der "ganzen Weltkugel" von der da Doberschitz schreibt, die Darstellung einer Sonnenfinsternis.

Im zweiten Buch der Dialoge von Papst Gregor (II, 35, 2-4) findet sich die Stelle, die hier die Grundlage für diese Darstellung bildet:
(II,35,2) Es wurde Zeit, zur Ruhe zu gehen. Der heilige Benedikt legte sich im oberen Teil des Turmes nieder, der Diakon Servandus im unteren. In diesem Turm führte eine gerade Stiege von unten nach oben. Vor dem Turm befand sich ein größeres Gebäude, wo ihre Schüler ruhten.
Während die Brüder noch schliefen, stand der Mann Gottes Benedikt schon vor der Zeit des nächtlichen Gebetes auf und hielt Nachtwache. Er stand am Fenster und flehte zum allmächtigen Gott. Während er mitten in dunkler Nacht hinausschaute, sah er plötzlich ein Licht, das sich von oben her ergoss und alle Finsternis der Nacht vertrieb. Es wurde so hell, dass dieses Licht, das in der Finsternis aufstrahlte, die Helligkeit des Tages übertraf.

(II,35,3) Etwas ganz Wunderbares ereignete sich in dieser Schau, wie er später selbst erzählte: Die ganze Welt wurde ihm vor Augen geführt, wie in einem einzigen Sonnenstrahl gesammelt.
Während der ehrwürdige Vater den Blick unverwandt auf den strahlenden Glanz dieses Lichtes gerichtet hielt, sah er, wie Engel die Seele des Bischofs Germanus von Capua in einer feurigen Kugel zum Himmel trugen.

(II,35,4) Für dieses große Wunder wollte Benedikt einen Zeugen haben. Darum rief er den Diakon Servandus zwei- oder dreimal ganz laut beim Namen. Der erschrak über das laute Rufen, das er von diesem Mann nicht gewohnt war, stieg hinauf, schaute hin und sah nur noch einen Schimmer des Lichtes. Sprachlos stand er vor diesem Wunder; da erzählte ihm der Mann Gottes ganz genau, was geschehen war.

Der Text auf dem Spruchband In Caelestibus habitavit - In terris positus geht auf die zweite Matutin-Antiphon zum Benediktusfest bzw. Fest Translatio Benedicti zurück:

Erat vir Domini Benedictus vultu placido,
canis decoratus angelicis;
tantaque circa eum claritas excreverat,
ut in terris positus in caelestibus habitaret.

(vgl. HESBERT II/3, 1024a, S. 493, III/1, 2662)


Quellen und Literatur:


DOBERSCHITZ, P. Laurenz 1999: Specula Cremifanensis, 1. Band. Beschreibung der in dem mathematischen Thurne zu Kremsmünster befindlichen Naturalien, Instrumenten, und Seltenheiten, hrsg. von P. Amand Kraml, ADV-Ber. 40, Kremsmünster

GREGOR der Große 1995: Der hl. Benedikt. Buch II der Dialoge lateinisch/deutsch, St. Otilien

HESBERT, René-Jean 1968: Corpus Antiphonalium Officii, Vol. II/3 Manuscripti "Cursus Monasticus", Roma

HESBERT, René-Jean 1963: Corpus Antiphonalium Officii, Vol.III/1 Invitatoria et Antiphonae. Editio Critica, Roma.

KLAMT, Johann-Christian 1999: Sternwarte und Museum im Zeitalter der Aufklärung: der Mathematische Turm zu Kremsmünster (1749-1758), Mainz

OLSON, Roberta J. M. & PASACHOFF, Jay M. 2007: St. Benedict Sees the Light: Asam's Solar Eclipse as Metaphor, in: Religion and the Arts Bd. 11, Ausgabe 3-4, Leiden, 299-329

PÜHRINGER-ZWANOWETZ, Leonore 1977: III. Hofgarten und dort befindliche Bauwerke, in: Österreichische Kunsttopographie Bd XLIII. Die Kunstdenkmäler des Benediktinerstiftes Kremsmünster, Bd. I, Wien 458-478

WINTERSTELLER, P. Benno 1977: Kapellenzimmer/VII/7, in: 1200 Jahre Kremsmünster. Stiftsführer. Geschichte, Kunstsammlungen, Sternwarte, Linz, 320-321



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Letzte Änderung: 2021-09-16