aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Mai 2021
In recht ausführlicher Weise beschreibt P. Augustin Reslhuber in seiner Arbeit über das Magnetometrische Observatorium in Kremsmünster unser Gerät:
Foto: P. Amand Kraml
Eine besonders ausführliche Beschreibung liefert P. Augustin Reslhuber in seiner Arbeit über das Magnetische Observatorium, in dem die Tafel VII das Inklinatorium von beiden Seiten zeigt:
Zur Bestimmung der absoluten magnetischen Inclination besitzt das Observatorium
seit dem Monate Juli des Jahres 1850 ein Inclinatorium aus der Werkstätte des berühmten
Mechanikers Repsold in Hamburg. (Der Zeitfolge nach das dritte Instrument dieser Art, welches
aus der Werkstätte dieses Künstlers hervorging.)
Taf. VII zeigt in A die vordere oder Kreisseite, in B die hintere Seite des Instrumentes.
Auf einem dreifüssigen, mit Stellschrauben versehenen Stative ruht ein um eine verticale Axe in der
ganzen Kreisperipherie drehbarer Kasten von 360 Millimetern Länge, 366 Millimetern Höhe und
158 Millimetern Tiefe. Der Rahmen ist von Messing; etwas innerhalb der Mitte (94 Millimeter vom
vorderen Rande abstehend) gegen die hintere Seite, und auf dieser sind zwei Glaswände; der innere Raum
zwischen den beiden Wänden misst 59 Millimeter Tiefe.
An der verticalen Axe des Gestelles, senkrecht auf diese, ist ein Kreis von 180 Millimetern
Durchmesser angebracht, welcher in Graden, (diese von 10 zu 10 Minuten) getheilt ist, durch einen Nonius
liest man Minuten, Minutentheile durch Schätzung. Zur Verticalstellung der Axe des Gestelles, und also
zur Horizontalstellung des Kreises ist im vorderen offenen Raume des Kastens eine Libelle angebracht.
Der untere Boden des Kastens läuft parallel zur Ebene des Kreises.
Die vordere Glaswand ist in der Mitte in einer Höhe von 180 Millimetern durchlöchert; in dieser
Öffnung steckt die Axe des verticalen Kreises; die genaue Befestigung desselben erfolgt durch das Anziehen
einer Schraubenmutter (auf der hinteren Seite der Glaswand), in welche das Schraubengewinde des Axen
Endes passt. Der Kreis schwebt auf diese Weise im vorderen Fache ohne weitere Stütze, und gestattet so
an den Seiten nach seiner ganzen Peripherie die ungestörte Durchsicht in das hintere Fach.
Der Kreis hat einen Durchmesser von 180 Millimeter. Die Theilung ist in Grade, dieser in
6 Intervalle (von 10 zu 10 Minuten), mittelst der zwei Nonien liest man 30“ Secunden. Die Theilung des
Kreises geht von 0° bis 360°; 0° und 180° liegen im horizontalen Durchmesser des Kreises, und zwar 0° zur
rechten Seite des Beobachters.
In der Verlängerung der um 180° von einander abstehenden Nonien und mit diesen zugleich
beweglich befinden sich zwei Mikroskope zur Einstellung auf die Nadelspitzen.
Im Brennpunkte der Oculare sind Faden-Mikrometer von nachstehender Form angebracht:
In dem hinteren Fache zwischen den zwei Glaswänden sind auf dem Boden
des Gehäuses zwei messingene concentrische Cylinder so befestigt, dass jeder
für sich unabhängig von dem Anderen um seine verticale Axe gedreht werden kann.
Die Höhe der Cylinder beträgt 179 Millimeter; der Durchmesser des äusseren ist 30 Millimeter,
des inneren 25 Millimeter, der Abstand beider nicht ganz zwei Millimeter. Beide Cylinder sind an den
Seiten durchschnitten; die Schnitte beginnen in einer Höhe von 54 Millimetern über dem Boden des
Kastens, und reichen bis zum oberen Ende; die Breite des Ausschnittes beträgt 7 Millimeter.
Die Ausschnitte dienen für die freie Bewegung der auf den Lagern ruhenden Nadel.
Vorder- und Hinterseite der Cylinder sind in der Höhe von 64 Millimetern durchlöchert, damit man
bei vertical gestellter Nadel durch diese runde Öffnung die untere Spitze derselben sehen kann.
An dem äusseren Cylinder befinden sich am oberen Ende der beiden Hälften in eigenen Fassungen
zwei Stücke von Glas von 11 Millimeter Länge, 5 Millimeter Höhe und 4 Millimeter Breite, deren obere
Flächen genau polirt sind, sie dienen als Lager der Drehungsaxe der Nadel. Die oberen Flächen sollen
genau ebene Flächen sein, in einer Horizontalen liegen, und so beschaffen sein, dass, wenn die
Nadel auf ihnen ruht, die Axe der Nadel in die Verlängerung der Axe des verticalen Kreises fällt.
Liegen die oberen Flächen der zwei Glasstücke nicht in einer Horizontal-Ebene, so kann man sich von diesem
Fehler dadurch unabhängig machen, dass man den Stand einmal bei dieser Stellung der Axenlager beobachtet,
dann den äusseren Cylinder um 180° verdreht (wodurch das früher dem Kreise nähere Lager nach aussen
gekehrt wird), den Stand der Nadel nun neuerdings bestimmt, und aus beiden Angaben das Mittel nimmt.
Foto: Günther Zeisler
Der innere Cylinder ist an seinem oberen Ende mit zwei spitzwinkeligen Einschnitten versehen. Er
kann durch einen Hebel β, welcher mit dem Axen-Ende des Cylinders auf der Unterseite vom Boden des
Gehäuses befestigt, und mit einem beinernen Griffe versehen ist, um seine verticale Axe bewegt werden.
Damit die Drehung, wie dieses bei den Inclinations-Bestimmungen erfordert wird, genau 180° geschehe.
Damit die Drehung genau um 180 Grade geschehe, sind am Boden des Kästchens auf der Unterseite
zwei Stützen angebracht, an welche der Hebel genau angedrückt werden muss; zwei
Stahlfedern γ γ halten
dann den Hebel an diese Stützen, damit keine Verrückung des Cylinders erfolgen kann.
Dieser Cylinder, von gleicher Höhe wie der äussere, hat noch die Einrichtung, dass er mit einem
Hebel, welcher auf der Unterseite des Kastens bis über die Seitenwand in δ hinausreicht, um 5 Millimeter
über den äusseren gehoben werden kann. Zu diesem Zwecke ist an dem Ende des Hebels eine messingene,
auf der Oberseite keilförmig zugeschnittene Lamelle aufgeschraubt, welche beim Hineinschieben des Hebels
unter die verticale Axe des Cylinders greift, und diese allmählich hebt, wie dickere Stellen des Keiles ihr
unterschoben werden.
Bei diesem Heben des Cylinders ergreift der obere Theil mit seinen Ausschnitten die auf den Lagern
ruhende Nadel an den dickeren Theilen ihrer Drehungs-Axe, und erhöht sie bis zu 1.5 Millimeter über der
Lagerfläche. Beim langsamen Herausziehen des Hebels wird die Nadel allmählich auf die Lager gesenkt. Zieht
man den Hebel nicht ganz heraus, so steht der innere Cylinder noch mit seinen Ausschnitten um Weniges
über den Lagerflächen, ohne übrigens die Nadel-Axe zu berühren, und verhindert so bei einem allenfallsigen
Stosse an das Kästchen das Abgleiten der Nadel von den Lagern.
Will man die Nadel umwenden, d. h. die dem Kreise zugewendete Seite derselben nach aussen
bringen, oder mit anderen Worten, will man das innere Axen-Ende der Nadel auf das äussere
Lager, das äussere etc. bringen, so stellt man die Nadel zuerst vertical (was bekanntlich in der
auf dem magnetischen Meridian senkrechten Schwingungs-Ebene derselben der Fall ist), hebt mit
dem Hebel δ den inneren Cylinder und mit ihm die Nadel, dreht ihn mittelst des Armes β um 180° und
zieht dann den Hebel δ langsam heraus, um die Nadel wieder auf die Lagerflächen zu senken. Die
ganze Operation wird vollzogen, ohne dass man das die Nadel einschliessende Fach des Gehäuses zu
öffnen braucht.
Diese Umwendung der Nadel ist nothwendig, um die Collimation, d. h. die Unvollkommenheit der Nadel
zu eliminiren, welche daher rührt, dass die Drehungs-Axe derselben nicht vollkommen senkrecht auf der
Längs-Axe steht.
Die Nadeln, vier an der Zahl, mit den Numern 1, 2, 3, 4 bezeichnet, haben die gewöhnliche rhomboidale
Form, eine Länge von 239 Millimetern, in der Mitte eine Breite von 10 Millimetern. Die 38 Millimeter lange
Rotations-Axe sitzt bloss durch die Reibung fest in dem kreisförmigen Loche, welches sich in der Mitte der
Nadel befindet.
Beim Magnetisiren der Nadel wird die Drehungs-Axe mit Hülfe einer kleinen Gabel, deren Spitzen in
zwei an einer Seite des dickeren Theiles der Axe angebrachte Löcher passen, durch Drehen freigemacht
und herausgenommen. Zum Magnetisiren sind zwei Magnetstäbe beigegeben. Die Nadeln werden vor dem Gebrauche
jedesmal neu und zwar mit Umlegung der Pole magnetisirt. Nach dem Magnetisiren werden die Axen möglichst
genau in dieselbe Lage, wie früher, der Nadel eingedreht, und nach sorgfältiger Reinigung der Axe so wie
der Lager diesen aufgelegt.
Die Bedingungen für die Vollkommenheit dieses Inclinatoriums sind nun folgende:
1. Die Axe des Gestelles soll vertical stehen.
2. Der Azimuthalkreis soll senkrecht auf die verticale Axe des Gestelles stehen.
3. Der untere Boden des Kastens muss dem Azimuthalkreise parallel, und in einer Horizontal-Ebene genau
um 360° drehbar sein. -
4. Der zweite Kreis soll vertical stehen, also dessen Axe horizontal sein.
5. Der durch 0° und 180° der Theilung gehende Durchmesser des verticalen Kreises soll horizontal
die Theilung möglichst genau sein.
6. Die beiden Nonien, sowie die beiden Mikroskope sollen genau um 180° von einander abstehen, und
alle vier in einer Geraden liegen, die, wenn Nonius I. auf 0° steht, mit dem horizontalen durch 0° und
180° der Theilung gehenden Durchmesser des Kreises in derselben Horizontal-Ebene liegt.
7. Die beiden Cylinder sollen concentrisch, ihre Axen vertical sein, und in einer Horizontal-Ebene genau
um 180° um ihre verticale Axe gedreht werden können.
8. Der innere Cylinder soll bei der Senkung die Nadelaxe so auf die Lager legen, dass die Drehungs-Axe
genau in die Verlängerung der Kreisaxe zu liegen kommt.
9. Die Lager des äusseren Cylinders sollen genaue ebene Flächen sein und in einer Horizontal-Ebene so
liegen, dass die auf ihnen ruhende Drehungs-Axe der Nadel in die Verlängerung der Axe des verticalen
Kreises fällt.
10. Die Nadeln sollen so beschaffen sein, dass
a) die zwei Spitzen und der Mittelpunkt der Nadel in einer Geraden liegen;
b) diese Gerade mit der magnetischen Axe der Nadel zusammenfalle;
c) die Drehungs-Axe auf der Längs-Axe senkrecht stehe; -
d) die Axen-Enden, welche die Lager berühren, strenge Cylinder und vollkommen gleich seien;
e) der Schwerpunkt der Nadel genau in dem Durchkreuzungspunkte der Drehungs- und Längs-Axe
derselben falle, oder wenigstens in der Drehungs-Axe liege;
f) das magnetische Moment der Nadel vor und nach der Umlegung der Pole vollkommen gleich sei,
sowie die Vertheilung des Magnetismus in der Nadel, so dass das Nordpol-Ende in dem einen
magnetischen Zustande gleiche magnetische Kraft habe, wie das Südpol-Ende, welches im zweiten
Zustande zum Nordpole wird, etc.
Die Bedingung 1 wird erreicht durch die Libelle.
Die Bedingungen 2, 3 und 4 sind vom Mechaniker nach Möglichkeit ausgeführt.
Von Unvollkommenheiten der Punkte 5 und 6 kann man sich durch Beobachtungen abwechselnd bei
Kreis Ost und Kreis West unabhängig machen.
7 und 8 ist vom Künstler nach Möglichkeit angestrebt.
Die Unvollkommenheiten in 9 kann man unschädlich machen durch Beobachtungen bei gewechselten
Lagern, oder durch Beobachtungen bei Kreis Ost und Kreis West.
Einen Fehler in 10, a) vermeidet man durch Einstellung der Mikroskope auf beide Nadelspitzen und
Ablesung des Kreises bei jeder Lage der Nadel.
10, b) bleibt dem Zufalle anheimgestellt.
Einen Fehler in 10, c) eliminirt man durch das Umwenden der Nadel.
10, d) wurde vom Künstler mechanisch möglichst angestrebt.
Einen Fehler in 10 e) eliminirt man durch das Umlegen der Pole der Nadel.
Was 10, f) betrifft, sucht man der Nadel beim jedesmaligen Magnetisiren durch eine gleich grosse
Anzahl Striche so gut als möglich gleiche magnetische Kraft zu ertheilen.
(RESLHUBER, Denkschr. 7-10)
RESLHUBER, P. Augustin 1854: Über das Magnetische Observatorium in Kremsmünster und die vom Jahre 1839-50 aus den Beobachtungen abgeleiteten Resultate, in: Denkschriften der math.-naturwiss. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Bd. VI. Wien, 1-56