Objekt des Monats

aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

Mai 2021



Inklinatorium
Inklinatorium von Repsold - aus dem Kasten genommen
Messing, Glas, Eisen, Inv. Nr.: 13101908, Maße des Kastens: 45 x 28 x 49 cm
Foto: P. Amand Kraml


Inklinatorium von Repsold 1848



In recht ausführlicher Weise beschreibt P. Augustin Reslhuber in seiner Arbeit über das Magnetometrische Observatorium in Kremsmünster unser Gerät:

Inklinatorium
Inklinatorium von Repsold - aus dem Kasten genommen, Beobachter-Seite
Foto: P. Amand Kraml
Bereits unter dem Direktorat von P. Plazidus Fixlmillner bekam die Sternwarte ihr erstes Inklinatorium von Georg Friedrich Brander gefertigt. Als dann durch die von Gauss und Humboldt gegebenen Impulse die Beschäftigung mit dem Erdmagnetismus zu einem wichtigen neuen Beobachtungsfeld der Sternwarten wurde, verfolgte man auch in Kremsmünster bald, besonders auch durch Karl Kreil angeregt, diesen neuen Zweig. P. Marian Koller hat dieses Inklinatorium - noch als Direktor der Sternwarte - bei Repsold in Hamburg bestellt. Es wurde 1848 fertiggestellt und zum Preis von 511 fl. C. M. gekauft. Inzwischen war Koller als Regierungsrat nach Wien berufen worden. Dort machte Koller mit diesem neuen Inklinatorium entsprechende Messungen und übersandte das herrliche Inclinatorium dann 1850 mit einem Brief (16. Juni 1850), der eine genaue Bedienungsanleitung enthält, nach Kremsmünster.

Eine besonders ausführliche Beschreibung liefert P. Augustin Reslhuber in seiner Arbeit über das Magnetische Observatorium, in dem die Tafel VII das Inklinatorium von beiden Seiten zeigt:

Zur Bestimmung der absoluten magnetischen Inclination besitzt das Observatorium seit dem Monate Juli des Jahres 1850 ein Inclinatorium aus der Werkstätte des berühmten Mechanikers Repsold in Hamburg. (Der Zeitfolge nach das dritte Instrument dieser Art, welches aus der Werkstätte dieses Künstlers hervorging.)
Taf. VII zeigt in A die vordere oder Kreisseite, in B die hintere Seite des Instrumentes.
Auf einem dreifüssigen, mit Stellschrauben versehenen Stative ruht ein um eine verticale Axe in der ganzen Kreisperipherie drehbarer Kasten von 360 Millimetern Länge, 366 Millimetern Höhe und 158 Millimetern Tiefe. Der Rahmen ist von Messing; etwas innerhalb der Mitte (94 Millimeter vom vorderen Rande abstehend) gegen die hintere Seite, und auf dieser sind zwei Glaswände; der innere Raum zwischen den beiden Wänden misst 59 Millimeter Tiefe.
An der verticalen Axe des Gestelles, senkrecht auf diese, ist ein Kreis von 180 Millimetern Durchmesser angebracht, welcher in Graden, (diese von 10 zu 10 Minuten) getheilt ist, durch einen Nonius liest man Minuten, Minutentheile durch Schätzung. Zur Verticalstellung der Axe des Gestelles, und also zur Horizontalstellung des Kreises ist im vorderen offenen Raume des Kastens eine Libelle angebracht.
Der untere Boden des Kastens läuft parallel zur Ebene des Kreises.
Die vordere Glaswand ist in der Mitte in einer Höhe von 180 Millimetern durchlöchert; in dieser Öffnung steckt die Axe des verticalen Kreises; die genaue Befestigung desselben erfolgt durch das Anziehen einer Schraubenmutter (auf der hinteren Seite der Glaswand), in welche das Schraubengewinde des Axen Endes passt. Der Kreis schwebt auf diese Weise im vorderen Fache ohne weitere Stütze, und gestattet so an den Seiten nach seiner ganzen Peripherie die ungestörte Durchsicht in das hintere Fach.
Der Kreis hat einen Durchmesser von 180 Millimeter. Die Theilung ist in Grade, dieser in 6 Intervalle (von 10 zu 10 Minuten), mittelst der zwei Nonien liest man 30“ Secunden. Die Theilung des Kreises geht von 0° bis 360°; 0° und 180° liegen im horizontalen Durchmesser des Kreises, und zwar 0° zur rechten Seite des Beobachters.
In der Verlängerung der um 180° von einander abstehenden Nonien und mit diesen zugleich beweglich befinden sich zwei Mikroskope zur Einstellung auf die Nadelspitzen. Im Brennpunkte der Oculare sind Faden-Mikrometer von nachstehender Form angebracht:

Der Abstand je zweier Verticalfäden beträgt 10 Minuten im Bogen; die Einstellung der Nadelspitze geschieht gewöhnlich auf das mittlere Kreuz. Senkrecht auf dem Träger der Nonien und Mikroskope ist ein Hebel mit Klemm- und Mikrometer-Schraube für die Feststellung und feine Bewegung der Nonien und Mikroskope.
In dem hinteren Fache zwischen den zwei Glaswänden sind auf dem Boden des Gehäuses zwei messingene concentrische Cylinder so befestigt, dass jeder für sich unabhängig von dem Anderen um seine verticale Axe gedreht werden kann. Die Höhe der Cylinder beträgt 179 Millimeter; der Durchmesser des äusseren ist 30 Millimeter, des inneren 25 Millimeter, der Abstand beider nicht ganz zwei Millimeter. Beide Cylinder sind an den Seiten durchschnitten; die Schnitte beginnen in einer Höhe von 54 Millimetern über dem Boden des Kastens, und reichen bis zum oberen Ende; die Breite des Ausschnittes beträgt 7 Millimeter. Die Ausschnitte dienen für die freie Bewegung der auf den Lagern ruhenden Nadel.
Vorder- und Hinterseite der Cylinder sind in der Höhe von 64 Millimetern durchlöchert, damit man bei vertical gestellter Nadel durch diese runde Öffnung die untere Spitze derselben sehen kann.
An dem äusseren Cylinder befinden sich am oberen Ende der beiden Hälften in eigenen Fassungen zwei Stücke von Glas von 11 Millimeter Länge, 5 Millimeter Höhe und 4 Millimeter Breite, deren obere Flächen genau polirt sind, sie dienen als Lager der Drehungsaxe der Nadel. Die oberen Flächen sollen genau ebene Flächen sein, in einer Horizontalen liegen, und so beschaffen sein, dass, wenn die Nadel auf ihnen ruht, die Axe der Nadel in die Verlängerung der Axe des verticalen Kreises fällt.
Liegen die oberen Flächen der zwei Glasstücke nicht in einer Horizontal-Ebene, so kann man sich von diesem Fehler dadurch unabhängig machen, dass man den Stand einmal bei dieser Stellung der Axenlager beobachtet, dann den äusseren Cylinder um 180° verdreht (wodurch das früher dem Kreise nähere Lager nach aussen gekehrt wird), den Stand der Nadel nun neuerdings bestimmt, und aus beiden Angaben das Mittel nimmt.

Inklinatorium
Inklinatorium im Kasten aus Mahagoni und darüber Transportkiste
Foto: Günther Zeisler
Die Umdrehung des äusseren Cylinders geschieht durch Schnüre, welche denselben am unteren Ende angreifen; die Schnüre sind an ihren Enden an Messingstäbchen mit Schraubenknöpfchen befestigt, welche bis an die Aussenseite des Gehäuses reichen (α), so dass die Drehung des Cylinders ausgeführt werden kann, ohne dass man die hintere Glaswand wegnimmt.
Der innere Cylinder ist an seinem oberen Ende mit zwei spitzwinkeligen Einschnitten versehen. Er kann durch einen Hebel β, welcher mit dem Axen-Ende des Cylinders auf der Unterseite vom Boden des Gehäuses befestigt, und mit einem beinernen Griffe versehen ist, um seine verticale Axe bewegt werden. Damit die Drehung, wie dieses bei den Inclinations-Bestimmungen erfordert wird, genau 180° geschehe.
Damit die Drehung genau um 180 Grade geschehe, sind am Boden des Kästchens auf der Unterseite zwei Stützen angebracht, an welche der Hebel genau angedrückt werden muss; zwei Stahlfedern γ γ halten dann den Hebel an diese Stützen, damit keine Verrückung des Cylinders erfolgen kann.
Dieser Cylinder, von gleicher Höhe wie der äussere, hat noch die Einrichtung, dass er mit einem Hebel, welcher auf der Unterseite des Kastens bis über die Seitenwand in δ hinausreicht, um 5 Millimeter über den äusseren gehoben werden kann. Zu diesem Zwecke ist an dem Ende des Hebels eine messingene, auf der Oberseite keilförmig zugeschnittene Lamelle aufgeschraubt, welche beim Hineinschieben des Hebels unter die verticale Axe des Cylinders greift, und diese allmählich hebt, wie dickere Stellen des Keiles ihr unterschoben werden.
Bei diesem Heben des Cylinders ergreift der obere Theil mit seinen Ausschnitten die auf den Lagern ruhende Nadel an den dickeren Theilen ihrer Drehungs-Axe, und erhöht sie bis zu 1.5 Millimeter über der Lagerfläche. Beim langsamen Herausziehen des Hebels wird die Nadel allmählich auf die Lager gesenkt. Zieht man den Hebel nicht ganz heraus, so steht der innere Cylinder noch mit seinen Ausschnitten um Weniges über den Lagerflächen, ohne übrigens die Nadel-Axe zu berühren, und verhindert so bei einem allenfallsigen Stosse an das Kästchen das Abgleiten der Nadel von den Lagern.
Will man die Nadel umwenden, d. h. die dem Kreise zugewendete Seite derselben nach aussen bringen, oder mit anderen Worten, will man das innere Axen-Ende der Nadel auf das äussere Lager, das äussere etc. bringen, so stellt man die Nadel zuerst vertical (was bekanntlich in der auf dem magnetischen Meridian senkrechten Schwingungs-Ebene derselben der Fall ist), hebt mit dem Hebel δ den inneren Cylinder und mit ihm die Nadel, dreht ihn mittelst des Armes β um 180° und zieht dann den Hebel δ langsam heraus, um die Nadel wieder auf die Lagerflächen zu senken. Die ganze Operation wird vollzogen, ohne dass man das die Nadel einschliessende Fach des Gehäuses zu öffnen braucht.
Diese Umwendung der Nadel ist nothwendig, um die Collimation, d. h. die Unvollkommenheit der Nadel zu eliminiren, welche daher rührt, dass die Drehungs-Axe derselben nicht vollkommen senkrecht auf der Längs-Axe steht.
Die Nadeln, vier an der Zahl, mit den Numern 1, 2, 3, 4 bezeichnet, haben die gewöhnliche rhomboidale Form, eine Länge von 239 Millimetern, in der Mitte eine Breite von 10 Millimetern. Die 38 Millimeter lange Rotations-Axe sitzt bloss durch die Reibung fest in dem kreisförmigen Loche, welches sich in der Mitte der Nadel befindet.
Beim Magnetisiren der Nadel wird die Drehungs-Axe mit Hülfe einer kleinen Gabel, deren Spitzen in zwei an einer Seite des dickeren Theiles der Axe angebrachte Löcher passen, durch Drehen freigemacht und herausgenommen. Zum Magnetisiren sind zwei Magnetstäbe beigegeben. Die Nadeln werden vor dem Gebrauche jedesmal neu und zwar mit Umlegung der Pole magnetisirt. Nach dem Magnetisiren werden die Axen möglichst genau in dieselbe Lage, wie früher, der Nadel eingedreht, und nach sorgfältiger Reinigung der Axe so wie der Lager diesen aufgelegt.
Die Bedingungen für die Vollkommenheit dieses Inclinatoriums sind nun folgende:
1. Die Axe des Gestelles soll vertical stehen.
2. Der Azimuthalkreis soll senkrecht auf die verticale Axe des Gestelles stehen.
3. Der untere Boden des Kastens muss dem Azimuthalkreise parallel, und in einer Horizontal-Ebene genau um 360° drehbar sein. -
4. Der zweite Kreis soll vertical stehen, also dessen Axe horizontal sein.
5. Der durch 0° und 180° der Theilung gehende Durchmesser des verticalen Kreises soll horizontal die Theilung möglichst genau sein.
6. Die beiden Nonien, sowie die beiden Mikroskope sollen genau um 180° von einander abstehen, und alle vier in einer Geraden liegen, die, wenn Nonius I. auf 0° steht, mit dem horizontalen durch 0° und 180° der Theilung gehenden Durchmesser des Kreises in derselben Horizontal-Ebene liegt.
7. Die beiden Cylinder sollen concentrisch, ihre Axen vertical sein, und in einer Horizontal-Ebene genau um 180° um ihre verticale Axe gedreht werden können.
8. Der innere Cylinder soll bei der Senkung die Nadelaxe so auf die Lager legen, dass die Drehungs-Axe genau in die Verlängerung der Kreisaxe zu liegen kommt.
9. Die Lager des äusseren Cylinders sollen genaue ebene Flächen sein und in einer Horizontal-Ebene so liegen, dass die auf ihnen ruhende Drehungs-Axe der Nadel in die Verlängerung der Axe des verticalen Kreises fällt.
10. Die Nadeln sollen so beschaffen sein, dass
a) die zwei Spitzen und der Mittelpunkt der Nadel in einer Geraden liegen;
b) diese Gerade mit der magnetischen Axe der Nadel zusammenfalle;
c) die Drehungs-Axe auf der Längs-Axe senkrecht stehe; -
d) die Axen-Enden, welche die Lager berühren, strenge Cylinder und vollkommen gleich seien;
e) der Schwerpunkt der Nadel genau in dem Durchkreuzungspunkte der Drehungs- und Längs-Axe derselben falle, oder wenigstens in der Drehungs-Axe liege;
f) das magnetische Moment der Nadel vor und nach der Umlegung der Pole vollkommen gleich sei, sowie die Vertheilung des Magnetismus in der Nadel, so dass das Nordpol-Ende in dem einen magnetischen Zustande gleiche magnetische Kraft habe, wie das Südpol-Ende, welches im zweiten Zustande zum Nordpole wird, etc.
Die Bedingung 1 wird erreicht durch die Libelle.
Die Bedingungen 2, 3 und 4 sind vom Mechaniker nach Möglichkeit ausgeführt.
Von Unvollkommenheiten der Punkte 5 und 6 kann man sich durch Beobachtungen abwechselnd bei Kreis Ost und Kreis West unabhängig machen.
7 und 8 ist vom Künstler nach Möglichkeit angestrebt.
Die Unvollkommenheiten in 9 kann man unschädlich machen durch Beobachtungen bei gewechselten Lagern, oder durch Beobachtungen bei Kreis Ost und Kreis West.
Einen Fehler in 10, a) vermeidet man durch Einstellung der Mikroskope auf beide Nadelspitzen und Ablesung des Kreises bei jeder Lage der Nadel.
10, b) bleibt dem Zufalle anheimgestellt. Einen Fehler in 10, c) eliminirt man durch das Umwenden der Nadel. 10, d) wurde vom Künstler mechanisch möglichst angestrebt.
Einen Fehler in 10 e) eliminirt man durch das Umlegen der Pole der Nadel.
Was 10, f) betrifft, sucht man der Nadel beim jedesmaligen Magnetisiren durch eine gleich grosse Anzahl Striche so gut als möglich gleiche magnetische Kraft zu ertheilen.
(RESLHUBER, Denkschr. 7-10)


Quellen und Literatur:


RESLHUBER, P. Augustin 1854: Über das Magnetische Observatorium in Kremsmünster und die vom Jahre 1839-50 aus den Beobachtungen abgeleiteten Resultate, in: Denkschriften der math.-naturwiss. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Bd. VI. Wien, 1-56



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(c) P. Amand Kraml 2021-03-26
Letzte Änderung: 2021-09-16