Anton Pfeiffer wurde am 12. September 1848 in Spital am Pyhrn als Sohn des Arztes Anton Pfeiffer
geboren. Anfang Oktober 1859 führte ihn sein Vater über das Pyrgasgatterl nach Admont, dort sollte
er zunächst die 4. Normalklasse besuchen und sich für das Gymnasialstudium vorbereiten. In den
"Memorabilia" 1) hat er später alle Erinnerungen an diese Zeit niedergeschrieben; er erzählt uns,
daß er in ärmlichen Verhältnissen lebte, schildert uns die Eigenart und Vorzüge seiner Lehrer,
gesteht, daß er anfangs nicht wußte, wie man lernen soll, wie er sich aber bald unter die besten
Schüler emporarbeitete. Besonders rühmt er die Pflege der Musik und des Gesanges.
Im Jahre 1896 legte er alle diese Eindrücke in folgendem Gedichte nieder:
Erste Stätte meiner Bildung! Dank und Liebe
Bring ich dir. Ich folge meines Herzens Triebe,
Preisend, jubelnd zu erzählen nach Gebühr
Deine Größe, Huld und Schönheit für und für.
Adamunta! Jungfrau! Stolzer Berge Zinnen
Schützen dich, und an den Saum des freudig grünen
Gartens deiner Burg legt wohlgefügt die Quellen
Reicher Frucht Anesus 2) seine stillen Wellen.
Benediktus fromme Söhne üben dort
Christi Selbstverleugnung, steh'n des Glaubens Hort
Felsen gleich, im Schutz der Wahrheit und der Tugend,
Gnaden spendend wie dem Alter so der Jugend.
Sangesfrohe Kehlen tönen reine Lieder,
Und von steiler Felswand hallt es dreifach nieder:
In den Bergen wohnt kein Falsch. - Es war gewogen
Mir der Himmel, daß ad montes ich erzogen.
Zum Jubiläumsjahre 1877 war die Gemäldesammlung des Stiftes aus dem vierten Stockwerke der Sternwarte
in die Säle über der Abtei gebracht worden und Abt Cölestin Ganglbauer hatte die lichten und hohen
Räume, welche in der Sternwarte frei geworden waren, für die Naturaliensammlungen bestimmt. Diese
Verfügung bedeutete eine große Wohltat für unsere Sammlungen. Bisher war die zoologische Sammlung
ebenerdig und im ersten Stocke, die Mineralien im dritten, die Conchylien, Herbarien, die Holz- und
Früchtesammlung im fünften Stockwerke der Sternwarte untergebracht; diese Räume waren schon damals
zu klein und zu wenig licht.
Die Übertragung und Aufstellung der zoologischen Sammlung im neuen Raume war P. Anselms erste Arbeit.
In der Stiftstischlerei wurden 24 neue Kästen aus Eichenholz angefertigt und am 2. August 1880 wurde
die Übertragung der Sammlung begonnen. Daß P. Anselm dabei jedes Stück reinigte und jede Bestimmung
revidierte, ist allen, welche P. Anselm arbeiten sahen, selbstverständlich. Die Säle zu ebener Erde
und im ersten Stocke wurden als "geologisches" und "paläontologisches Kabinett" neu eingerichtet.
Im Jahre 1887 schuf er im fünften Stockwerke das "botanische Kabinett".
Alle unsere Naturaliensammlungen erhielten während der Lehrtätigkeit P. Anselms wertvolle Bereicherungen
und viele der allerschönsten Stücke, die uns heute erfreuen, sind in diesen Jahren eingereiht worden.
Nur die auffälligsten Objekte sollen im folgenden angeführt werden.
Karl Eggerth 3) senior spendete dem
zoologischen Kabinett ein ausgewachsenes Krokodil, viele Säugetiere,
Vögel mit farbenprächtigem Gefieder, darunter den Prachtsurucu, den Kragenhopf, Nashornvogel,
Papageien, die Mähnentaube, die Fächertaube, den Schmuckfasan. Diesem Wohltäter verdanken wir auch
die vollständige Sammlung der von Blaschka in Dresden verfertigten Glasmodelle
von Weichtieren,
Würmern, Stachelhäutern, Medusen, Korallen und Blumentieren. Sie enthält 263 Modelle und wurde im
Jahre 1884 im ersten Stockwerke der Sternwarte in vier hohen Schränken aufgestellt, 1903 aber ins
zoologische Kabinett übertragen und in wirkungsvollerer Beleuchtung in neuen Kästen ausgestellt.
Subprior P. Lucas Assam kaufte für unsere Sammlung acht Objekte aus der Kollektion Schlagintweit,
Frau Anna Zugmayr übergab viele Säugetiere und Vögel, Dr. Fr. Pierer 25 Bälge ostindischer Vögel,
Dr. E. Holub spendete südafrikanische Vögel, Säugetiere und Korallen
in gefälligster Form in besonderen
Glaskästen aufgestellt, Hofrat Dr. J. Wiesner brachte aus Java viele Objekte,
Georg Wieninger übersandte 61 Vogelbälge aus Paraguay und Japan.
L. B. v. Boschan spendete eine "sehr interessante Sammlung" von 50 Nestern und zahlreichen Eiern,
besonders nordische Formen. Dr. C. Ritter bereicherte unsere Sammlung durch viele Vögel, die in der
Umgebung von Wels erlegt worden waren.
Besondere Vorliebe hatte P. Anselm für die Kolibri. Am 24. August 1882
hatte ihm in Augsburg eine
solche Sammlung besonders gefallen und schon damals mochte er den Plan gefaßt haben, auch in unseren
Naturalienkabinetten eine solche Kollektion anzulegen. Doch die Kolibri waren teuer und das Geld
war wenig. Da gründete er die Kolibri-Kasse. Er erbot sich, seinen Kollegen allerlei kleine Dienste
und Aushilfen zu leisten, und bekam dafür kleine Beiträge für seine Lieblingssammlung. Auch heitere
Anlässe wußte er zu benutzen, um für seinen Zweck etwas zu erhalten. Dadurch brachte er jedes Jahr
soviel Geld zusammen, daß er ein Dutzend und mehr dieser "lebenden Edelsteine" kaufen und zuerst
seinen Mitbrüdern im Refektorium zeigen und dann in der Sammlung einreihen konnte. Im Jahre 1886
waren nur vier, bei seinem Tode 182 Kolibri in unserer Sammlung.4)
Die ganze Vogelsammlung dürfte seit 1886 um ein Drittel vermehrt worden sein, wie P. Anselm in
der "Geschichte der naturhist. Museen" angibt.
Die Reptilien- und Amphibiensammlung wurde durch eine größere Anzahl brasilianischer Schlangen,
eine Spende des Fabrikanten K. Frank in Linz, und durch Ankauf vieler Stücke aus der Sammlung des
Herrn Bürgerschuldirektors Olbrich in Steyr wesentlich vermehrt.
Die Conchyliensammlung erhielt von Fräulein Anna Endl-Steinböck zahlreiche neue Stücke.
Die ausgiebigste Vermehrung erfuhren die Insektensammlungen. Im Jahre 1886 kaufte P. Anselm aus
seinen Ersparnissen um 170 fl. die Sammlungen von Makro- und Mikrolepidoptern und Hemiptern, welche
Kaufmann Eberstaller angelegt hatte, und stellte sie in dem schönen Schaukasten, welchen
P. Nonnos Altwirth 5) angeschafft hatte, im paläontologischen Kabinett auf.
Diese Sammlung benutzte er
vorzugsweise dazu, seinen Schülern die einheimische Fauna zu zeigen und ihnen die Bestimmung
ihrer Funde zu erleichtern.
Wiederholt kamen wertvolle Spenden von den Freunden und Schülern P. Anselms, so von Prof. Jos.
Redtenbacher, Lehrer Hauder, Fräulein Marianne Mayrhofer, P. Gunther Mayrhofer. Fr. Bosch und
Dr. A. Bosch, Alois Freiherrn von Pechmann, Hofrat Wiesner, Hans Huemer in Linz.
Karl Hartmann in Weißenbach am Attersee übergab 1878 eine Raupen-und Puppensammlung (303 + 476
Exemplare), P. Lambert Guppenberger 6)
1879 seine Käfersammlung von etwa 5000 Exemplaren.
Auch die Käfersammlung des P. Claudius Viehaus 7)
gelangte durch P. Anselm 1897 zur Aufstellung
im neueingerichteten botanischen Kabinett. Das Gymnasialprogramm 1878 nennt diese Käfersammlung
"mit größter Mühe, Sorgfalt und Genauigkeit angelegt"; sie enthält 3500 Spezies, darunter eine
sehr große Zahl "seltener" und "sehr seltener", ja nicht wenige "äußerst seltener" Arten zumeist
aus Europa, aber auch viele Formen aus Asien, Afrika und Amerika.
Die reichsten Spenden aber erhielt unsere Insektensammlung in den Jahren 1889 - 1901. Dr.
L. Heinzel,8) städtischer Armen-Augenarzt in Wien, übersandte
P. Anselm seine Käfersammlung - 4200 Spezies in 15.000 Exemplaren. Bald folgte von Ihrer Exzellenz
Baronin Franziska Halbhuber von Festwill 9) "zur Belehrung der
Jugend und des reiferen Alters" eine Schmetterlingssammlung von 741 Spezies in 2744 Exemplaren.
Diese Schmetterlinge stammen aus Europa, Sibirien, Syrien und dem Kaukasus. P. Anselm nennt sie "eine
wahre Zierde unserer Sammlung".
Von derselben Wohltäterin erhielten wir im Jahre 1899 eine vollständige Sammlung aller europäischen
Caraben, Carabiden, Elateriden, Buprestiden, Cerambyciden und Chrysomelen. Im Jahre 1901 folgte
abermals eine Sendung von 2346 exotischen Käfern der "seltensten, schönsten und größten Arten" aus
dem Nachlasse des Herrn k. u. k. Oberst Baron Halbhuber von Festwill.
Diese Spenden machten P. Anselm große Freude; auf die Rückseite des Bildes des Herrn Dr. L. Heinzel
schrieb er: "Einer der größten Wohltäter unserer naturgeschichtlichen Sammlungen"; während seiner
Todeskrankheit beschäftigte er sich noch in den letzten Monaten viel mit den von Herrn Wieninger
gespendeten Vögeln und mit der Halbhuberschen Käfersammlung.
Die Skelettsammlung wurde durch den Ankauf vieler Stücke, besonders aber durch
Schülerarbeiten vermehrt.
Im Jahre 1886 begann P. Anselm Geweihabnormitäten zu sammeln und fand darin durch den Herrn
Forstmeister P. Joachim Achleuthner viele Förderung. Diese Sammlung enthält jetzt 11 Hirschgeweihe,
42 Reh-und 6 Gemskrickl. Seit dem Jahre 1880 widmete P. Anselm der Schneckenfauna unserer Umgebung
besondere Aufmerksamkeit. Die Folge war, daß seine Schüler in ihrer Heimat fleißig sammelten und
ihrem Lehrer aus allen Teilen Oberösterreichs, aus der Steiermark, aus Tirol, sogar von der
Donaumündung bei Sulina reiches Material brachten. In ähnlicher Weise entstand seit 1896 eine
Sammlung oberösterreichischer Spinnen.
Doch wohl keine Tierklasse konnte sich seinem Sammeleifer entziehen, im Nachlasse P. Anselms
finden sich viele Aufzeichnungen über verschiedene Faunen. Wir dürfen wohl sagen, P. Anselm
konnte keinen Spaziergang machen, ohne zu sammeln.
Das botanische Kabinett wurde von P. Anselm eingerichtet. Früher hatte in diesem Räume der im
Jahre 1827 von Sr. Majestät Kaiser Franz I. gespendete Meridiankreis
gestanden. Dieser wurde im
Hofgarten ebenerdig in einem neuen Hause aufgestellt; P. Anselm bat um diesen Raum im fünften
Stocke der Sternwarte und erhielt denselben für ein botanisches Kabinett. Im Jahre 1887 wurden
die Herbarien übertragen und vorläufig auch ein Teil der Bibliothek und die Insektensammlungen
dort untergebracht.
Unter den Wohltätern dieser Sammlung finden wir unter anderen den Statthaltereirat Dr. Karl
Schiedermayr mit drei Faszikeln Pilzen, Dr. Pruck-Mayr mit einem Nomenclator botanicus in 3050
Faszikeln und die bereits bekannten Namen: K. Eggerth junior, Dr. Heinzel
und Dr. E. Holub.
"Von K. Eggerth junior erhielten wir testamentarisch geschenkt die von der Direktion des
botanischen Museums und Gartens der Wiener Universität herausgegebene "Flora exsiccata
austro-hungarica",
die botanische Abteilung des k. u. k. Hofmuseums in Wien übersandte einen großen Teil der bereits
erschienenen Lieferungen der "Cryptogamae exsiccatae a Museo palatino editae" als Gegengabe für
Cryptogamen, die P. Anselm hier für diesen Zweck gesammelt hatte. Die Samensammlung vermehrte
P. Anselm um 1000 Arten.
Auch das mineralogische Kabinett erhielt von den Freunden und Schülern P. Anselms reiche Spenden.
Vor allen ist wieder K. Eggerth senior zu nennen. Von ihm rühren viele von den Prachtstücken her,
welche uns im mittleren Schaukasten entgegenprangen. Von ihm erhielt die Mineraliensammlung schöne,
große Doppelspate, Onyxe, Achate, geschliffene Halbedelsteine und Edelsteine, Diamanten im
Muttergestein, Labradorite, einen Gelenkquarz von 36 cm Länge und viele Meteoriten. Unter diesen
sind zwei Stücke Meteoreisen aus dem Tolucatal in Mexiko von 2290 + 2270 g Gewicht. Wertvolle und
zahlreiche Stücke erhielt die Sammlung ferner von M. Pfeiffer, Dr. Holub, Straubinger (Gastein),
A. Fauser in Budapest, Bergrat Jos. Gleich in Leoben, Hofrat E. Ludwig und dem k. u. k. Hofmuseum
in Wien (Tausch). Hofjuwelier Hügler erfreute P. Anselm während seiner Krankheit mit einer Kollektion
Edelsteine. Im Jahre 1893 erfuhr die Sammlung die ausgiebigste Vermehrung: Inspektor Jos. Knappek
übergab die "Mineraliensammlung des Herrn Jos. Freiherrn von Odelga". Der Katalog dieser Sammlung
zählt über 2500 Stück Mineralien auf.
In den letzten Jahren seines Lebens legte P. Anselm noch einen Zettelkatalog unserer Mineraliensammlung
an.
Die geologische und paläontologische Sammlung wurde von P. Anselm in den Sälen zu ebener Erde und im
ersten Stockwerke aufgestellt. Bei dieser Arbeit und im mineralogischen Kabinett wurde er durch die
Beihilfe des bekannten Mineralogen P. Priors Siegmund Fellöcker
10) kräftig unterstützt. Mehr als die Hälfte der Fossilien,
die wir heute besitzen, sind in den letzten Jahrzehnten eingereiht worden; es mögen nur die
Palaeoniscus, die Trilobiten, die schönen Calamites, Lepidodendron Sigillaria und Farne erwähnt sein.
Vor allem seien die reichen Spenden des Herrn Oberinspektors der Buschtehrader Bahn M. Pfeiffer
11) hervorgehoben. Fast aus aller Herren Länder stammen
diese Stücke, besonders reich und schön sind die Fossilien aus den böhmischen paläozoischen
Ablagerungen, darunter über 160 Trilobiten. Sehr ausgewählte Exemplare von Trilobiten erhielt
P. Anselm geschenkweise von M. Dusel in Beraun und W. Rummel in Prag. Frau Emma Fossel spendete
Petrefakten aus dem Eifeler Devon, Bergbauleiter Haberfellner in Lunz
viele Stücke aus den Lunzer Schichten.
Im Jahre 1881 wurde in der Nähe des Stiftes die Lettenmayrhöhle aufgefunden und daraus wurden
viele Knochen des Höhlenbären, ein Dolch und eine Lanzenspitze aus Eisen in unsere Sammlung
übertragen. 12)
Auch eine Sammlung prähistorischer Gegenstände stellte P. Anselm im paläontologischen Kabinett
zusammen.
Eine Sammlung von Modellen, die für den Unterricht notwendig sind, wurde von P. Anselm fast neu
angelegt. Er kaufte oder erhielt geschenkweise ein Modell des menschlichen Torso, des Muskelarmes
und Fußes, des Ohres, der Haut, des Schädels und des Kehlkopfes; für den Unterricht in der
Insektenkunde bekam er ein großes Modell der Honigbiene, der Mundwerkzeuge eines Käfers, Modelle
der Bienenwohnungen für den botanischen Unterricht zahlreiche schöne Modelle der Pilze. Wieder
waren es seine Freunde und Schüler, vor allen Eggerth, Dr. Ulbrich, O. Fellner und Guido Bettini,
die ihn dabei kräftig unterstützten.
Die Schüler P. Anselms, welche später Medizin studierten, verfertigten für ihren Lehrer manches
schöne Präparat, so Dr. Haidenthaller, Dr. Franz und Wilhelm Reder, Dr. Wizelsberger und besonders
Hermann Ulbrich.
Die Drogensammlung wurde 1886 durch Demartini in Prag um 60 Nummern vermehrt.
Im April 1887 erhielt P. Anselm von seinem lieben Schüler" Oskar Fellner zu seiner großen Freude
eine Mumie, welche der Herr Prälat im freien Saale des fünften Stockwerkes der Sternwarte in einem
schönen Kasten aus Eichenholz aufstellen ließ. "Dazu kamen 1891 von demselben Wohltäter noch sechs
gut erhaltene Vogelmumien aus Ägypten.
Ein recht wertvolles Hilfsmittel für Forschung und Unterricht spendete 1890 Frau Josefine Eggerth,
nämlich ein Reichertsches Mikroskop Stativ II b mit allem Zubehör.
In diesen Zeilen wurden nur die Bereicherungen und Veränderungen aufgezählt, welche dem Besucher am
meisten in die Augen fallen; alle Kleinarbeit, die P. Anselm leistete, mußte übergangen werden. Doch
genügt das Angeführte, um zu zeigen, wie glücklich und erfolgreich die Kustodie P. Anselms war.
Seine Freunde und Schüler wußten, daß sie ihm nur durch Interesse an seinen Museen" Freude machen
konnten und daß P. Anselm alle Spenden aufs sorgsamste hüten und aufs beste für den Unterricht
verwenden würde, darum unterstützten sie ihn in jeder Weise in seiner Arbeit und von dem, was ein
Mann in seinen Verhältnissen selbst schaffen kann, davon hat er gewiß nichts unausgeführt gelassen.
P. Anselm hatte volles Recht, auf seine Sammlungen stolz zu sein und gern auf das Wort hinzuweisen,
das Seine Majestät unser Kaiser am 19. August 1884 beim
Eintritt in das zoologische Kabinett zu ihm gesprochen hatte: "Kein Gymnasium hat so reiche
Sammlungen, wie diese sind."
Diese Sammlungen wurden natürlich fleißig für den Unterricht benutzt; doch P. Anselm ging weiter und
veranlaßte begabte und strebsame Schüler zu einem fast regelmäßigen Besuche derselben. In der wärmeren
Jahreszeit erwartete er sie an jedem Ferialtage in der Sternwarte von 8 bis 9 Uhr und durchging die
einzelnen Kabinette, ließ die in der Schule besprochenen Objekte "wieder anschauen und explizieren",
zeigte gelegentlich andere Stücke, um den Gesichtskreis über das Schulmaterial zu erweitern, ließ
seine Schüler die Herbarien durchblättern, zeigte die Tropenpflanzen im prächtigen "Paradisus
Vindobonensis" und ließ seine Schüler zur Bestimmung ihrer Sammlungen die Käfer-, Schmetterlings-,
Schnecken-und Flechtensammlung benutzen.
Im Jahre 1889 wurde für P. Anselm ein neues Arbeitsfeld eröffnet, das ihm viel Mühe und Schweiß, aber
auch manche recht herzliche Freude bringen sollte. Der Herr Prälat gestattete den Versuch der Anlage
eines botanischen Gartens. Dazu wurde der Raum um die Schwimmschule gewählt.
Zuerst erhielt P. Anselm
die Beete hinter den Kabinen, dann den Streifen bis zur Kapelle, im Herbst 1891 die ganze Osthälfte und
im Jahre 1893 auch die Westhälfte des von den Mauern eingeschlossenen Areales. P. Anselm kam dieser
Platz für seinen Zweck recht geeignet vor, das abgestandene Wasser taugte gut zum Begießen, in dem von
Mauern umschlossenen Räume konnte er ungestört von Zuschauern arbeiten und den Studenten war es durch
die Wahl dieses Platzes nahegelegt, mit dem Bade den Besuch des Gartens zu verbinden.
Die Stiftsvorstehung half über die ersten Schwierigkeiten der Anlage hinweg, stellte die notwendigen
Gartengeräte und einen Taglöhner für die ersten Arbeiten bei. P. Anselm trachtete, daß dem Stifte nur
möglichst geringe Auslagen aus diesem Versuche erwachsen würden, und hebt voll Dankbarkeit im "Tagebuch
des botanischen Gartens" hervor, daß der Herr
Prälat den Garten oft besucht habe, daß er stets bei den Gymnasialdirektoren P. Petrus Klinglmayr und
P. Paulus Proschko, dem Forstmeister P. Joachim Achleuthner und dem Schaffner P. Ägyd Haydvogl Wohlwollen
für den Garten gefunden habe.
Große Verdienste um den botanischen Garten hat auch der Stiftsobergärtner Josef Runkel
13). Dieser Mann hatte reges Interesse für alles Schöne und
Gute und förderte in jeder Weise die Anlage und Ausgestaltung des Gartens. Viele Sämereien, Pflanzen
und Geräte hat er auf eigene Kosten bestellt. Daß seine reiche Erfahrung in jeder Art Gärtnerei gerade
in den ersten Jahren überaus wertvoll war, braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden. Bald trat ein
lebhafter Tauschverkehr mit anderen botanischen Gärten ein, viele hatte P. Anselm selbst besucht; dabei
hatte er sich für seinen Garten allerlei Pflanzen und Samen erbeten. Besonders erwähnt sind im
"Tagebuche des botanischen Gartens" die botanischen Gärten der Universität und des Tierarzneiinstitutes
in Wien, die botanischen Gärten in Linz, Salzburg, Prag und Belgrad. So gelang es P. Anselm, in dem
Verzeichnis der im Garten kultivierten Arten bis zu seinem Tode die Zahl 1203 zu erreichen.
Welche Arbeit er auf diesem neuen Arbeitsfelde geleistet hat, kann nur der sich vorstellen, der ihn
täglich, vom Frühling bis zum Herbste, vom Morgen bis zum Abend in jeder freien Stunde arbeiten sah.
Auch Freude hat P. Anselm daran erlebt. Vor allem waren es seine Pfleglinge, die ihm Freude machten;
er nennt sie "seine Lieblinge", "Kinder der Sonne", verfolgte und notierte jedes Jahr die Entwicklung
und das Aufblühen derselben, zeigte mit freudigem Stolze die Pflanzen, welche in der staubigen Luft
der städtischen Gärten nicht gedeihen wollten, in seinem Garten aber Blüte um Blüte trieben. Besonders
sorgsam pflegte er die Alpenpflanzen; jede mußte ihre Steinchen und Moosdecke erhalten, wie er sich's
am ursprünglichen Standorte dachte. Dafür prangten sie aber auch jedes Jahr in reicher Blütenfülle.
Daphne Cneorum, Silene acaulis, Cypropedium Calceolus, verschiedene Primel- und Orchisarten, Scopolia
carniolica und viele andere waren jedes Jahr ein Schmuck des Gartens.
Groß war P. Anselms Freude, wenn er seinen Lehrern und Freunden den Garten zeigen konnte, jedesmal
schrieb er es nieder, wenn er hervorragende Männer hinführen konnte, und zeichnete jede Bemerkung auf,
die auf den Garten Bezug hatte. Mit lebhafter Befriedigung sah er, daß viele Studenten den Garten
fleißig besuchten. In der "Geschichte des botanischen Gartens" gesteht er: "Nicht selten habe ich
mich innerlich herzlich gefreut an der Freude mancher Studenten über den Garten". P. Anselm war
täglich von 11 - 12 Uhr, an Ferialtagen von 2 - 4 Uhr, zur Zeit des Bades von 4 - 6 Uhr abends im
Garten, um die Studenten zu leiten, ihre Fragen zu beantworten und ihnen Pflanzen für ihre Herbarien
zu verteilen. Die Studenten halfen ihm bei der Arbeit und hatten dadurch Gelegenheit, die Entwicklung
der Pflanzen, den Besuch der Insekten und mancherlei Schutzeinrichtungen zu beobachten. Mit Stolz
schreibt er einmal, daß manche seiner Schüler die Kenntnis wohl aller Pflanzen des Gartens sich zum
dauernden geistigen Besitze erworben hätten.
Aber die Zukunft des Gartens machte ihm doch einige Sorge, die Arbeiten und Auslagen für denselben
wurden immer mehr. Wird sich wohl immer jemand finden, der mit gleicher Liebe und Opferwilligkeit
seine Lieblingsschöpfung pflegen wird? Dieser Sorge wurde er enthoben durch die "Med. Dr. Stephan
Ulbrichsche Kremsmünsterer Gymnasialstiftung" vom Jahre 1898. Herr Dr. Stephan Ulbrich, Zahnarzt
in Reichenberg in Böhmen, gründete zwei Stipendien von je 200 Kronen, in erster Linie für das
naturhistorische Kabinett, das physikalische Kabinett und für den botanischen Garten, in zweiter
Linie als Reisestipendium für Mitglieder des Lehrkörpers, endlich zur Unterstützung armer
Studierender des k. k. Obergymnasiums in Kremsmünster. P. Anselm verzeichnet diese Stiftung in
der "Geschichte des botanischen Gartens" und leitet die Notiz mit folgenden Worten ein: "Aber
der liebe Gott hat für die Zukunft des botanischen Gartens auf eine ganz unerwartete Weise gesorgt
durch die Stiftung des Herrn Dr. Stephan Ulbrich in Reichenberg in Böhmen."
P. Anselms vielseitige Arbeit wurde naturgemäß Anlaß zu wissenschaftlichen Aufsätzen, welche teils
in verschiedenen Zeitschriften niedergelegt sind, teils im Manuskript vorliegen. Im Jahre 1886
erschien im Gymnasialprogramm die erste größere zoologische Arbeit "Zur Naturgeschichte der Land-
und Süßwasserschnecken von Kremsmünster". Dieses Thema setzte er fort durch den in der Zeitschrift
des Vereines für Naturkunde in Oberösterreich 1890 veröffentlichten "Beitrag zur oberösterreichischen
Gastropodenfauna"14) und 1890 in der Zeitschrift des Vereines
für Naturkunde in Steiermark durch die Arbeit: "Steirische Gastropoden".
Bei der Revision der Vogelsammlung entstand eine zweite Programmarbeit 1887: "Die Vogelsammlung
in der Sternwarte zu Kremsmünster".
In den "Mitteilungen der Sektion für Naturkunde des Österreichischen Touristenklubs" veröffentlichte
er Beobachtungen über Merops apiaster und über den Alpenmauerläufer (1896) und in Knauers
"Naturhistoriker" einen Aufsatz über "Futterstätten für die Vögel" (1891).
In derselben Zeitschrift berichtet P. Anselm über "Farbenabänderungen und Mißbildungen im
zoologischen Museum in Kremsmünster" 1891.
Über die Insektenfauna berichtet er in der Zeitschrift des Vereines für Naturkunde in Oberösterreich
in dem 1., 2. und 3. "Verzeichnis der Schmetterlingsfanna von Kremsmünster" (1885, 1888, 1891),
in dem Aufsatze "Über Monalocoris filicis L und über Sehirus bicolar L" (ibidem 1892) und in den
"Kleinen Mitteilungen über Hydrophilus piceus L und Homalodema abietis L" (Entom. Zeitschr. 1889).
In unserem Gymnasialprogramm 1901 und 1902 ("Naturaliensammlung") gab er ein Verzeichnis der
oberösterreichischen Spinnen.
In den Verhandlungen der zoologischen botanischen Gesellschaft erschien 1894 eine botanische Arbeit
über "Einige oberösterreichische Trivialnamen der Pflanzen" und in den "Mitteilungen der Sektion
für Naturkunde des Österreichischen Touristenklubs" 1892 "Hydrodictyon utri-culatum Roth".
In der Zeitschrift des Vereines für Naturkunde in Oberösterreich erschien 1882 ein geologischer
Aufsatz "Höhlenfunde bei Kremsmünster" und 1888 ein Verzeichnis der "Paläozoischen Arthropoden
in der Sternwarte zu Kremsmünster".
Eine Notiz über den "Wirfelstein" (ein Actaeonella enthaltender Stein aus der Gosauformation)
folgte 1896 in den "Mitteilungen der Sektion für Naturkunde des Österreichischen Touristenklubs".
Für die Festschrift zum fünfzigjährigen Jubiläum der zoologischen botanischen Gesellschaft
schrieb P. Anselm einen Aufsatz: "Die naturhistorischen Museen des Stiftes Kremsmünster".
Im Manuskript liegen auch einige Aufsätze vor: "Die Flora des Grünauer Kasberges", "Erinnerungen
an meine geologische Reise durch Böhmen anno 1875", "Der Vogel und sein Gefieder", die "Blattläuse"
und "Cicadineen aus der Umgebung von Kremsmünster" und zahlreiche lose Blätter mit Notizen über
Tiernamen und Faunen.
Wiederholt wurden Objekte unserer Sammlungen von Fachmännern über Veranlassung P. Anselms
ausführlich besprochen, so das von P. Anselm aufgefundene Scalpellum Pfeifferi in "Bemerkungen
über eine fossile Scalpellumart aus dem Schlier von Ottnang und Kremsmünster, sowie über
Cirripedien im allgemeinen" von A. Weithofer im Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1887,
2., Paludina diluviana (die von einem Schüler P. Anselms in Sulina gesammelt worden war) von Neumayr
und Brusina in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft 1887; Listriodon von Neumayr
in "Reste von Listriodon aus dem Leithakalke" in den "Verhandlungen" der k. k. geologischen
Reichsanstalt 1887; endlich eine hybride Verbindung zwischen Ophrys arachnites und Ophrys aranifera
von Othenio Abel in "Über einige Ophrydeen" (Verhandl. der k. k. zool. bot. Gesellsch. Wien 1898).
Daß P. Anselm ein eifriger und geschickter Lehrer war, kann nicht mehr überraschen: denn wer mit so viel
Mühe, Geduld und Erfolg für die Bereicherung der Lehrmittel sorgt, bereitet auch den Unterricht
gewissenhaft vor und weiß ihn anregend zu gestalten. Doch lassen wir ihn selber sagen, wie er über
seinen Beruf als Lehrer und Erzieher dachte. In dem Konzepte zu einem Briefe schrieb er: "Ich als
Lehrer habe mir stets die Erziehung der mir anvertrauten Jugend als strenge Gewissenspflicht vor
Augen gehalten, ich achte die studierende Jugend als ein Kleinod, das uns die Eltern in die Hände
legten, und worüber wir strenge Rechenschaft zu geben haben. Im besondern habe ich zu wachen über
die sittlichmoralische Anlage und Ausbildung des Zöglings, die Bildung seines Gemütes, über formelle
und materielle Ausbildung seines Geistes. Wir dürfen den Schüler nicht bloß als Individuum
berücksichtigen, uns muß noch sein Verhältnis den Kollegen gegenüber, seine Haltung in der Schule
und zu Hause interessieren. Noch mehr ... wir müssen oft ... ganz und gar die Stelle der Eltern
vertreten ... Wo soll denn das Kind, mag der Knabe mehr oder weniger gereift sein, mehr Leitung,
Schutz und Trost finden als bei seinen erziehenden Lehrern?"
Wie seine Schüler über den Unterricht P. Anselms dachten, mögen einige Stellen aus Briefen beleuchten,
die seine Schüler schrieben, nachdem sie unsere Studienanstalt längst verlassen hatten. Einer schrieb
am 9. Juli 1902 an den Autor: "Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen sowie dem gesamten
Professorenkollegium mein tiefstes Beileid zu dem schweren Verluste ausspreche, den Sie durch
den Verlust dieses ganz selten begabten, vorzüglichen Lehrers erleiden. Mit mir trauert eine
große Schar dankbarer Schüler, welche durch die ausgezeichnete Lehrmethode Ihres Meisters schon in
jungen Jahren Liebe und Freude an den Naturwissenschaften gewonnen und sich später ganz naturgemäß
einem Berufe widmeten, der ihnen gestattete, einen noch tieferen Einblick in die Geheimnisse der
Natur zu gewinnen, auf welche sie ihr Lehrer in so fesselnder, packender Weise vorbereitete. Vielmal
tausend Dank einem solchen Lehrer, seine Saat hat reichlich Früchte getragen, ich bewahre ihm
zeitlebens ein dankbares Angedenken."
Ein anderer schrieb vor Jahren an P. Anselm: Unvergeßlich werden mir Ihre herrlichen Vorträge
aus Chemie und Geologie bleiben. Das Pathos, das, ohne lästig zu sein, die Ohren Ihrer gespannten
Zuhörerschar erfreute, der nie stockende Fluß Ihrer Rede und doch das aus seiner philosophischen
Ruhe Sichnichtherausbringenlassen: all das machte auf mein ohnedies so gefühlvolles Herz einen so
großartigen Eindruck, daß ich Ihre Größe nie genug bewundern kann. Aber außerdem habe ich Ihnen,
verehrter Herr Professor, vieles zu danken. Sie haben mich nicht nur auf dem weiten Gebiete der
Naturwissenschaften angeregt, sondern Sie suchten auch immer meinen Fleiß und Pflichteifer, wenn
er aufzuhören drohte, aufs neue zu entfachen, indem Sie mich aufmunterten und mir stets gute Noten
ins Zeugnis schrieben. Auch dafür bin ich Ihnen zu großem Danke verpflichtet, daß Sie oft in
moralischer Hinsicht auf mich günstig eingewirkt haben."
Die zwei wöchentlichen Schulstunden, welche unser Lehrplan der Naturgeschichte zuweist, genügten
P. Anselms Eifer für Unterricht und Erziehung nicht. Er lud darum seine Schüler ein, unter seiner
Leitung zootomische und botanische Arbeiten zu versuchen. Diese Anregung fand Anklang und heute
sind in unserer Skelettsammlung 116 Objekte, welche von den Schülern P. Anselms gearbeitet sind.
Vorzugsweise sind es Schädelpräparate, doch auch ganze Skelette und vielerlei andere Präparate,
welche in diesen Übungen angefertigt wurden. Recht heikle und subtile Sachen wurden da mit großem
Fleiße und tadelloser Sauberkeit präpariert. Besonders schön sind zwei Präparate, welche Hans
Poindecker anfertigte: das Modell der Schnecke und des Cortisonen Organes im menschlichen Ohr
(1903 in der Lehrmittelausstellung ausgestellt) und ein Skeleton capitis, in welchem alle Knochen
einzeln sichtbar sind.
P. Anselm hatte viele Freude an dem fleißigen Besuche dieser Übungen, notierte jedesmal in den
"Memorabilia", wer teilgenommen hatte und was gearbeitet wurde, und ließ ein Monat vor seinem Tode
noch ein Verzeichnis dieser Schülerarbeiten anlegen.
Im häufigen Verkehre mit seinen Schülern liebte es P. Anselm, die strenge Miene des Professors
abzulegen und in väterlich freundlichem Tone Unterricht und Erziehung zu verbinden. Viele unserer
Schüler blieben auch in späteren Jahren in freundschaftlichem Verkehre mit ihrem Lehrer, dieser freute sich über ihre
Anhänglichkeit und beantwortete gern ihre Briefe. In den Memorabilien schrieb P. Anselm manche
Verse nieder, welche er für seine Schüler aus verschiedenen Anlässen verfaßt hatte, einige mögen
hier angeführt sein.
Auf eine Ansichtskarte mit dem Bilde der Stiftsbibliothek schrieb er:
Wenn stets dein Tun wird Seelenruhe leiten,
Im Sturm und Drang du hörst des Freundes Flehen,
Nie wagst, das Wahre treulos zu verdrehen:
Kann dann wohl jemand Unheil dir bereiten?
Es hat der Schöpfer dir den Ruf gegeben,
Lobsing Ihm Dank in deinem ganzen Leben.
Mit Liebe weihe Ihm dein heißes Streben.
Auf Ihn vertrau! Erflehe Seinen Segen.
Nur Er verleiht uns Sonnenschein und Regen,
Nur Er wird treulich, was du schaffest, hegen.
Ein einstiger Schüler bat ihn, ihm einige Verse als Aufschrift für ein Bienenhaus zu senden.
Unter diesen sind folgende:
Einige Charakterzüge mögen noch beigefügt werden, um das Lebensbild zu vervollständigen.
Tiefe Religiosität durchdrang das ganze Denken und Fühlen P Anselms. In einem Referat äußert er
sich: "In einer Zeit, wo eine oberflächliche Naturbetrachtung leicht geneigt ist, den Blick vom
Schöpfer abzulenken, fordert der religiöse Standpunkt dringend, daß der Jugend gute
naturhistorische Lehrbücher geboten werden. ... Die Natur weist auf jedem Tritt und Schritt
auf einen höchst weisen Schöpfer hin, der seine Allmacht, Vorsehung und Herrlichkeit ganz besonders
in der erschaffenen Natur in allen Erdperioden uns zu offenbaren sich würdigt. ... Es wird nunmehr
Sache des Lehrers sein, an der Hand der objektiv dargestellten Tatsachen den von den Schülern bei
der aufmerksamen Betrachtung der Schönheit und Zweckmäßigkeit der Naturgegenstände von selbst
gefaßten Gedanken über die göttliche Weisheit und Liebe das Wort zu leihen."
An das Ende seiner Notizen und Aufsätze setzte er häufig die alte Devise des Benediktinerordens:
"U. I. O. G. D." (ut in omnibus glorificetur Deus); er wollte es schwarz auf weiß vor sich sehen,
daß seine Arbeit nur der Ehre Gottes gelte.
Innig war seine Andacht zur Gottesmutter. An seinem Geburtstage, den 12. September, ging er jedes
Jahr zur altehrwürdigen Wallfahrtskirche in Adlwang. Mochten die Wege noch so schlecht und seine
Kraft auch geschwächt sein, P. Anselm mochte das neue Lebens- und Schuljahr nicht beginnen, ohne
vorher Gott für alle Wohltaten gedankt und der "schmerzhaften Mutter" alle seine Anliegen
vorgetragen, ohne für seine Angehörigen, besonders wohl für seine Studenten gebetet zu haben.
Und in seiner Krankheit fielen ihm zwei Dinge besonders schwer: daß er nicht mehr in die Schule
gehen und daß er nicht mehr die heilige Messe lesen konnte.
Im Urteile über Studierende war er milde. Allerdings konnte er seine ganze Energie einsetzen,
wenn Mißbräuche abzustellen waren, aber doch war er einer der letzten, welche die Hoffnung aufgaben,
den Irrenden zu bessern; er versuchte den Fehlenden wieder auf den rechten Weg zurückzuleiten, so
lange er einen Funken guten Willens vermuten konnte.
Auch sonst war er wohlwollend und hilfsbereit, soweit seine Verhältnisse es gestatteten. Von seinen
Ersparnissen verwendete er wohl das meiste für seine Sammlungen und für Bücher, doch unterstützte er
auch seine armen Verwandten, wußte sogar für Missionen sein Scherflein beizutragen. Auch die
gefiederten Bettler, welche im Winter an sein Fenster kamen, wies er nicht ab, sondern streute
ihnen Futter und freute sich, wenn sie recht zahlreich sich einstellten.
Für P. Anselm blieb bei dieser Verteilung des bescheidenen Einkommens recht wenig übrig, er
stellte für seine Person auch nur äußerst mäßige Anforderungen. Die Möbel seiner Wohnung waren
mehr als klösterlich einfach und seine Alltagskleider für die Arbeit im botanischen Garten eben
gut genug. Größere Ferienreisen vergönnte er sich nur in den ersten Jahren (Reise durch Deutschland,
Ungarn, nach Fiume und in die Dolomiten), später hatte er stets schon vorher über die Ferienzeit
und wohl auch über das Feriengeld verfügt. Nur in den letzten Jahren ließ er sich ungern herbei,
gedrängt von seinen Oberen und vom Arzt, einige Wochen zur Besserung seiner Gesundheit in
Heilanstalten zuzubringen.
Doch der zarte und schwächliche Körper P. Anselms konnte die große Arbeitslast nicht allzulange
tragen. Am 25. April 1895 schrieb er in das Tagebuch des botanischen Gartens: "Sehr, sehr müde!"
Im Jahre 1898 gab er dem Verein für Naturkunde in Oberösterreich das Mandat, den zoologischen
Teil des Jubiläumsbuches zu arbeiten, zurück mit der Motivierung, daß diese Arbeit für einen
einzelnen zu groß sei, und weil er schon seit 15 Monaten leidend sei.
Im ersten Semester des Schuljahres 1902 erteilte er noch Unterricht, aber oft sahen seine
Kollegen mit Sorge, wie er nur mit großer Anstrengung die Stiege im Gymnasium hinaufstieg und
sich ins Lehrzimmer schleppte, oder erschraken über seine Blässe, wenn er bei Tische erschien.
Gegen Ende des Semesters mußte er den Unterricht einige Male unterbrechen und am letzten Tage
dieses Semesters konnte ihm der Arzt den weiteren Besuch der Schule nicht mehr erlauben.
Brightsche Nierenkrankheit hatte ihr Zerstörungswerk schon so weit fortgesetzt, daß uns bald
die Ärzte auf eine schlimme Wendung vorbereiteten.
Wenn P. Anselm sich etwas wohler fühlte, ließ er sich in den botanischen Garten oder in den
Konventgarten tragen, wo er das Gymnasium und die Studenten sehen konnte, und war das Sensorium
getrübt, so entwarf er Pläne, au welchem Tage er wieder die hl. Messe lesen und die Schule wieder
besuchen würde.
Die Krankheit wurde immer schmerzlicher und die Kräfte des Körpers schwanden mehr und mehr,
am 7. Juli, halb sieben Uhr abends entschlief er.
Schon während der Krankheit war die Teilnahme aller, welche P. Anselm kannten, eine innige,
besonders rührend war es, wie die Anhänglichkeit der Studierenden an ihren Lehrer hervortrat.
Noch mehr zeigte die Leichenfeier am 10. Juli, wie allgemein und herzlich die Verehrung war,
die dem Verstorbenen von allen Seiten entgegengebracht wurde. Eine große Zahl von Kränzen mit
den prächtigsten Blüten schmückten den
Sarg, als er nach altem Klosterbrauche von seinen Mitbrüdern in die Stiftskirche getragen wurde;
die ernsten Klänge der Studentenkapelle begleiteten die Leiche auf den Friedhof. Die studierende
Jugend dankte in dieser sinnigen Weise ihrem Lehrer, der sie mit unermüdlicher Geduld und
väterlicher Liebe die Schönheit der Natur würdigen gelehrt hatte.
Und als der Sarg in die Erde gesenkt wurde, winkte die große Trauerfahne den letzten Gruß und
Dank von der Sternwarte herüber, in deren Räumen P. Anselm soviel Großes und Schönes geschaffen
hatte.
Ein Schüler hatte ihn einmal gebeten, ihm einige Verse für den Grabstein seiner Gattin zu
senden; die nämlichen Verse wollen wir auch als Epitaphium P. Anselm widmen; denn wie Vater
und Mutter ihre Kinder, so liebte er seine Schüler.
Doch jenseits währt ein ewig Leben,
Die Seele schaut Verwesung nicht.
O daß sie ohne Furcht und Beben
Erscheine schuldlos vor Gericht!
O Kinder achtet diese Worte!
ie Mutter sprach sie oft zu euch,
Gelobt an diesem stillen Orte,
Zu leben nur für Gottes Reich.
Der Unschuld Kleid, der Seelen Würde
Zieht niemals in den Kot herab,
Mit eurer guten Werke Zierde
Umkränzet eurer Mutter Grab."
2) Anesus = Enns.
3) P. Anselm nennt in den "Anmerkungen für die naturhistorischen Museen der Sternwarte in Kremsmünster" Karl Eggerth den "größten Wohltäter unserer Sammlungen" und schreibt im Gymnasialprogramme 1889: "Die völlig unabsehbaren tatkräftigen Beweise, mit welchen Herr K. Eggerth seine Sympathien für unsere wissenschaftlichen Institute bekundete, haben seinen Namen mit unauslöschlichen Zügen in die Geschichte unserer naturhistorischen Sammlungen geschrieben." Sein Bild hängt im Mineralienkabinett und im zoologischen Kabinett, das Bild seines Sohnes Karl Eggerth im botanischen Kabinett. K. Eggerth senior starb in Wien am 7. September 1888, K. Eggerth junior am 30. März 1888.
4) Diese Sammlung war in den zwei Wandkästen eingereiht, welche jetzt einen Teil der Conchylien enthalten; im Jahre 1903 wurden sie in einem neuen Kasten aufgestellt, welcher das Bild P. Anselms trägt.
5) P. Nonnosus Altwirth, geboren 1768 in Sippbachzell, legte am 13. Dezember 1792 die feierliche Profeß ab, wurde 1793 Priester, war Kooperator auf verschiedenen Stiftspfarreien, durchreiste 1818 Italien und starb am 29. Oktober 1854 als Pfarrer in Thalham bei Wels. Er war zugleich Dechant, Jubelpriester und Senior des Stiftes. Er war "entomologiae studiosissimus", wie der "Catalogus Religiosorum Monasterii Cremifanensis" 1877 sagt. Daß P. Anselm diesen Insektenkasten im paläontologischen Kabinett aufstellte, dürfte auch dadurch gerechtfertigt sein, daß nur die Decke des ersten und zweiten Stockwerks der Sternwarte gewölbt ist und der große Kasten aus Eichenholz einen verläßlichen Boden benötigt.
6) P. Lambert Guppenberger war von 1867 bis 1882 Professor an unserem Gymnasium, lehrte von 1872 bis 1878 Zoologie und Botanik, wurde 1882 Pfarrer in Adlwang, übernahm 1896 die Direktion des Collegium Petrinum in Urfahr und pastoriert seit 1900 die Pfarre Pfarrkirchen bei Bad Hall. "Seinem energischen Fleiße und tüchtigen Kenntnissen verdanken die Sammlungen die Ordnung und Katalogisierung der naturhistorischen Bibliothek, insbesondere aber den ehrenvollen Ruf, daß sie beim naturgeschichtlichen Unterrichte in ausgedehntem Maße praktische Verwendung fanden." P. Anselm im Gymnasialprogramm 1887.
7) P. Claudius Viehaus lehrte von 1864 bis 1871 Naturgeschichte, von 1865 bis 1884 Stenographie, von 1871 an war er zugleich Küchenmeister, er starb am 26. Juli 1886. Dieser "eminent fleißige Mann" hinterließ einen umfangreichen Nomenclator botanicus und die Anfänge eines Nomenclator zoologicus.
8) Dr. Ludwig Heinzel - jezt Sanitätskonsulent der k. k. Staatsbahndirektion in Wien - war vierzig Jahre lang Hausarzt der Familie Halbhuber, sammelte die inländischen Coleoptern selbst, viele gemeinsam mit Baron Halbhuber, und vermehrte diese systematische Sammlung durch Exoten. Mit Eggerth senior und junior eng befreundet, lernte er auch P. Anselm kennen und brachte seinen Sohn 1888 an unser Gymnasium. Das Bild der Baronin Franziska Halbhuber von Festwill und Dr. Heinzeis hängt im zoologischen Kabinette, wo ein Teil ihrer Sammlungen als Schausammlung aufgestellt werden soll.
9) Anton Baron Halbhuber von Festwill war vor 1850 Hofrat in Prag-, später Landespräsident in Schlesien und geheimer Rat, 1861 kam er als Leiter der Statthalterei nach Wien, wurde Staatsrat und war im Schleswig-Holsteinschen Kriege Gouverneur in Jütland. Er starb 1886 im Mai, 78 Jahre alt Er begann schon in Schlesien Schmetterlinge, dann Käfer zu sammeln (von diesen nur bestimmte Ordnungen: Carabiden, Buprestiden, Cerambyciden und Chrysomelen) und vermehrte, seine Sammlungen durch Kauf und Tausch. Nebenbei legte er eine Sammlung von Exoten an und bevorzugte dabei besonders farbenprächtige Arten. Nach seinem Tode spendete die Witwe Franziska Baronin Halbhuber von Festvill die Lepidoptern und die europäischen Coleoptern und nach ihrem Tode 1901 ihre Tochter Clementine Baronin Schwartz-Meiler die Exoten.
10) P. Siegmund Fellöcker, geboren 1816 zu Neuhofen an der Krems, war 1840 bis 1850 Adjunkt unserer Sternwarte und Katechet an der hiesigen Normalschule, studierte 1852 und 1853 an der Wiener Universität, lehrte am Gymnasium von 1853 bis 1871 Mathematik, Physik und Mineralogie, pastorierte bis 1876 die Pfarre Weißkirchen a. d. Traun und kehrte 1876 als Prior und Rentmeister ins Stift zurück. Er starb am 5. September 1887. So lange er im Stifte war, widmete er fast alle freie Zeit der Arbeit im physikalischen, mineralogischen und geologischen Kabinett; seine Lehrbücher der "Mineralogie und Geognosie" fanden weite Verbreitung. An P. Siegmund hatte P. Anselm einen wohlerfahrenen und immer hilfsbereiten Freund, der selber mit unermüdlichem Bienenfleiße arbeitete und sich mit aufrichtigem Interesse über die Erfolge seiner Mitbrüder freute. Aus Pietät ließ P. Anselm im Mineralienkabinett alles so aufgestellt, wie P. Siegmund es hinterlassen hatte. "Und dann hängt das Bild des fleißigsten, besten und edelsten Mannes, des Gründers dieser Sammlung, des P. Siegmund in der Sammlung. Sein Werk ist die Aufstellung und die Zusammenstellung und ich bin sein Schüler. Nicht im mindesten wage ich an seinen Taten zu rütteln." P. Anselm in den "Memorabilia". 231.
11) Moritz Pfeiffer trat 1864 als Sekretär in die Direktion der Buschtehrader Eisenbahn ein und stand zuletzt als Zentralinspektor der Finanzabteilung vor; er starb im 64. Lebensjahre am 9. Oktober 1899. Die "Bohemia" vom 10. Oktober 1899 rühmt seinen vornehmen und wohlwollenden Charakter, seine Zuverlässigkeit und Erfahrung, die er auf verschiedenen Vertrauensposten zeigte, seine vielseitige Tätigkeit in humanitären Vereinen. Sein Bild ist im paläontologischen Kabinett aufgehängt.
12) Vergleiche darüber: "Die Lettenmaierhöhle bei Kremsmünster" von F. v. Hochstetten Sitzungsberichte der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der k. Akademie der Wissenschaften zu Wien 1882 I. 84.
13) Josef Runkel war durch fast fünfzig Jahre Stiftsobergärtner. Als Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirksvereines Kremsmünster hat er sich viele Verdienste um die Hebung der Obstbaumzucht erworben. Er starb am 9. November 1899 im 83. Lebensjahre.
14) Darin ist eine neue von P. Anselm gefundene und von Clessin bestimmte Spezies Vitrella Pfeifferi Clessin beschrieben, p. 21.
Literatur:
ANGERER, P. Leonhard 1903: P. Anselm Pfeiffer, in: Dreiundfünfzigstes Programm des kais. kön. Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster für das Schuljahr 1903, Linz, 3-22
(c) P. Amand Kraml, 2008-07-03
Letzte Änderung: 2021-09-16