aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster
Oktober 2004
Das Kustodiatsarchiv der Sternwarte verwahrt ein Konvolut von 104 Briefen an Roger von Ruttershausen, einem k. k. Landrat der obderennsischen Regierung in Linz. Ruttershausen war ein bedeutender Sammler, der mit namhaften Fachgelehrten seiner Zeit in Kontakt stand. So bedeuten diese Archivalien eine interessante Quelle für die museale Sammlungsgeschichte des 18. Jh. im Bereich der Erdwissenschaften und darüber hinaus.
Von Ruttershausen erwarb Abt Erenbert Meyer 1782 eine recht umfangreiche Mineraliensammlung für sein mineralogisches Kabinett in der Sommerabtei. Von dieser Mineraliensammlung erfahren wir von P. Bonifaz Schwarzenbrunner : "Im 2ten Zimmer befand sich die Mineralien-Sammlung. Mit der Anlage dieser Sammlung soll sich Abt Erenbert schon gleich nachdem er zur abteilichen Würde gelangt war, beschäftigt haben u. Lettenmayr Senior mußte etliche Jahre fast immer Steine und Marmorarten dazu schneiden u. schleifen. Sie erhielt durch die Mineralien-Sammlung vom k. k. Landrathe in Linz Roger v. Ruttershausen, welche Abt Erenbert nach dessen Tode anstatt einer Schuldabzahlung annahm, einen sehr ansehnlichen Zuwachs. ... Als Abt Wolfgang Leuthner die 3 ersten Zimmer der Sommerabtei zu einer Sommerwohnung u. das grössere Zimmer der Winter-Abtei nach neuerem Geschmacke einrichten u. ausmalen zu lassen die Absicht hatte, wurden die bisher daselbst aufgestellten Naturalien-Sammlungen ... zwischen 1801 u. 1805 in die Sternwarte übertragen. ...
Die Mineralien-Sammlung kam sogleich in ihr gegenwärtiges Locale im 3ten Stockwerke zu stehen, u. befindet sich noch in den nämlichen Kästen von hartem Holz, welche in der Sommerabtei für dieselbe bestimmt waren."
Mit den Mineralien und Petrefakten kamen auch die Katologe und das Konvolut mit Ruttershausens Korrespondenz ins Archiv der Sternwarte. P. Sigmund Fellöcker systematisierte das Archiv für die Arbeit an seiner Geschichte der Sternwarte. In derselben widmet er sich auch eingehend den erhaltenen Briefen. Er gibt nähere Angaben zur Person von Johann Ernest Immanuel Walch und erwähnt dessen Brief von 26. Juli 1775, der unser Objekt des Monats darstellt. "Johann Ernest Immanuel Walch war bekannt durch seine Werke: Das Mineralreich systematisch entworfen, Halle bei Gebauer 1769; die Naturgeschichte der Versteinerungen, 4 Theile, Nürnberg bei Felsnecker 1773; dann als Herausgeber der Zeitschrift 'Der Naturforscher', 1774 - 1779, 13 Hefte. Sein Naturalien - Cabinet beschreibt er selbst in seinem Briefe vom 26. Juli 1775: 'Es bestehet dasselbe nunmehr aus 4 Zimmern à plein pied; das eine hält die Vögel, Fische und vierfüssigen Thiere, das andere die Conchylien, Corallen-Gewächse, Amphibien und Insecten, das dritte die Steine und Erden, das vierte die Petrefacten in sich; die Erze, Salze und Harze stehen von den 4 Zimmern abgesondert in einem Garten-Zimmer.' Persönlich scheinen sich die beiden Herren nie kennen gelernt zu haben, in ihren Briefen aber herrscht ein eben so freundschaftlicher als feiner Ton; einer sucht den andern an Gefälligkeiten zu überbieten; bald sendet von Ruttershausen 'ein Kistgen edlen Tokayer's' für seines Freundes und dessen Gemalin Gesundheit, bald einen 'Gemsengeyer aus unseren Bergen', unweit Gmunden gefundene calcinirte Bucciniten, Bochnier Gekrösesteine ... für dessen Cabinet, bald 'seltsame Stücke' aus seiner Sammlung als Materiale für den 'Naturforscher'; und Walch sendet entgegen manchmal ein interessantes neueres Mineral (Turmaline aus Brasilien. Schnekensteiner Topase, Asbest-Jaspis vom Mansfeld'schen, Antimonium crystallisatum und Antimonial-Federerz), weit überwiegend aber verschiedene, zum Theile sehr seltene Versteinerungen (einen Molukkischen Krebs, das so sonderbare Alcyonium fistulosum Rosini, einen guten Enkriniten, einen 'höchst raren' Echiniten, eine Chama transverse striata, die er selbst einmal von Curassao in Amerika erhalten, einen Gothländischen Entrochiten, einen Sternberger Conchyolithen, einen Helmintholithen von Anspach, einen Trilobiten und einen Soleniten aus Frankfurt a. d. Oder, sehr wohl erhaltene Ketten-Korallen aus Gothland und dem Mecklenburgischen, einen 'ganz fürtrefflichen Jacobs-Mantel von seltener Grösse, ganz aus seiner Matrix unbeschädigt entwickelt', und andere 'lithologische Entdeckungen'). Walch ging dabei in seiner Grossmuth oft so weit, wie es unter Besitzern von Sammlungen nur selten vorkommen dürfte; so hatte er in seinem Cabinete selbst nur einen einzigen Porcellaniten (aus Turin), aber selbst diesen stellte er seinem Freunde 'zu Befehl und Diensten'. 'Bekomme ich', schreibt er einmal, 'Petrefacten aus Spanien, so will ich sie mit Niemanden auf der Welt theilen, als mit Ihnen.' Das Wichtigste bleibt dabei freilich, dass die beiden Freunde aus ihrer Verbindung auch der Wissenschaft Gewinn zuzuführen suchten, Ruttershausen, indem er theils gute Zeichnungen von seinen 'Seltenheiten', theils diese selbst einsandte, Walch aber, indem er in seinem 'Naturforscher' sie beschrieb, z. B. einen schönen Enkriniten im 8., einen seltenen Orthoceratiten mit verkehrt stehenden Scheidewänden im 9. Stücke, den Umbilicus marinus, ein Cornu Ammonis ovale, beide sehr grosse Raritäten, u. s. w. in den folgenden Stücken. Das Bild der Correspondenz und des Verhältnisses der beiden Freunde zu vervollständigen, sei noch erwähnt, wie Walch über jedes neue Vorkommniss schnell berichtet, z. B. über den Changeant oder Labradorstein, sich freut über die Berichte seines Freundes von neuen interessanten Acquisitionen, z. B. den Oeningischen Entomolithen, gelegentlich aber auch an wohlmeinender Warnung es nicht ermangeln lässt."
Verzeichnis der Briefe im Korrespondenzkonvoluts Ruttershausen im Kustodiatsarchiv der Sternwarte
1. Briefe von Johann Friedrich Bauer, Mineralienhändler zu Altdorf bei Nürnberg 1771-1777
1.01. 1771-11-14
1.02. 1771-12-06
1.03. 1772-01-03
1.04a 1772-07-27
1.04b 1772-08-15
1.04c 1772-08-24
1.05 1773-11-24
1.06a ohne Datum
1.06b 1776-05-04
1.07 1777-01-11
1.08 1777-06-26
1.09 ohne Datum (gehört vielleicht vor den 4. Mai 1776, denn dort ist auch die Rede von Ostoration
2. Von Ideler, Mineralienhändler in Wien 1770-1772, wahrscheinlich nicht Mineralienhändler von Profession, sondern vorzüglich Numismatiker und aus Gefälligkeit auch Mineralien besorgend.
2.01 1770-08-15
2.02 1770-10-04
2.03 1772-01-25
2.04 1772-08-08
2.05 1772-08-15
2.06 1772-12-04
3. Emmanuel Christoph Lehr, Mineralienhändler in Regensburg 1773-1781
3.01 1773-03-07
3.02 1773-04-05
3.03 1773-04-12
3.04 1773-06-02
3.05 1773-07-03
3.06 1773-07-11
3.07 1773-07-19
3.08 1773-08-10
3.09 1778-02-02
3.10 1778-02-20
3.11 1778-03-23
3.12 1778-09-20
3.13 1778-12-20
3.14 1779-08-13
3.15 1779-09-05
3.16 1779-10-03
3.17 1780-03-20
3.18 1780-05-01
3.19 1780-07-16
3.20 1780-08-01
3.21 1780-08-13
3.22 1780-09-04
3.23 1780-09-14
3.24 1780-11-22
3.25 1780-11-29
3.26 1781-01-02
3.27 1781-01-12
3.28 1781-06-14
3.29 1781-06-27
4. Dr. Jacob Christian Schäffer in Regensburg 1768-1780. Scheint Sekretär oder Kustos einer Gesellschaft für Naturkunde gewesen sein. Er erwähnt auch, dass er die Superintendentur der evangelischen Gemeinde zu Regensburg habe übernehmen müssen.
4.01 1768-01-15
4.02 1768-02-04
4.03 1768-03-17
4.04 1768-07-11
4.05 1768-08-29
4.06 1769-05-30
4.07 1773-02-21 [sic!]
4.08 1773-02-07 [sic!]
4.09 1773-05-12
4.10 1773-07-27
4.11 1773-09-18
4.12 1773-11-29
4.13 1774-11-21
4.14 1775-06-16
4.15 1780-07-15
4.16 1780-08-03
4.17 ohne Datum
5. Hofrat Professor Johann Ernest Immanuel Walch in Jena 1771-1778
Von Johann Ernest Immanuel Walch sind folgende Werke in der Bibliothek der Sternwarte: Das Mineralienreich systematisch entworfen, Halle bei Gebauer 1769, Die Naturgeschichte der Versteinerungen 4 Teile in 3 Bänden, Nürnberg bei Felsnecker 1773
5.01 1771-07-09
5.02 1771-10-14
5.03 1772-11-27
5.04 1773-03-17
5.05 1773-10-05
5.06 1773-10-12
5.07 1773-12-23
5.08 1774-04-09
5.09 1774-09-06
5.10 1775-01-03
5.11 1775-06-26
5.12 1775-12-26
5.13 1776-05-17
5.14 1776-05-31
5.15 1776-06-27
5.16 1776-07-12
5.17 1776-11-05
5.18 1776-12-23 (dazu PS)
5.19 1777-03-21
5.20 1777-09-26
5.21 1777-10-04
5.22 1778-02-06
5.23 1778-03-26
5.24 1778-05-10
6. Johann Samuel Schröter, Diaconus in Weimar 1778-1779.
Von Schröter sind folgende Werke in der Bibliothek der Sternwarte: Vollständige Einleithung in die Kenntniß und Geschichte der Stein- und Versteinerung, 4°, 2 Bände, Altenburg, Richter'sche Buchhandlung 1774.
6.01 1778-12-28
6.02 1779-01-18
6.03 1779-11-15
7. Einzelne Briefe verschiedener Personen
7.01 1777-07-24 Andreas Friedrichs, Vienne
7.02 1773-07-02 unleserlich, Gmunden [?]
7.03 1763-04-07 Josephus Letitsch, Baumgartenberg
7.04 1778-07-07 Michael Klein, Straßburg
7.05 1780[?] Rankher, Director der k, k. Feld-Apotheke, Wien
7.06 1780-00-06 Rankher, Director der k, k. Feld-Apotheke, Wien
7.07 1779-05-31 Eberhard ... Wittib und Frand, Augsburg
7.08 1780-09-20 Eberhard ... Wittib und Frand, Augsburg
7.09 1772-07-20 Herr Georg Pfister, Can. Reg. St. Florian
7.10 1779-02-04 ..., ... [?]
7.11 o. Datum Johannes Aloysius Jacqioni [?]
7.12 1777-04-03 Johannes Gernermy [? ]
7.13 1771-10-18 Dramescp Cte di Savego, Cologna & Beccacinetta
DE LUCA, Ignaz 1778: Das gelehrter Österreich. Ein Versuch, Ruttershausen 1. Bd. 2. Stück, Wien, 71-72]
FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz
SCHWARZENBRUNNER, P. Bonifaz 1827: Materialien zu einer Geschichte der Sternwarte und der Sammlungen in
derselben, MS, Archiv der Sternwarte.